Letní slavnosti staré hudby

Besuch beim Alte-Musik-Fest in Prag

Wenn man die Zentren für Alte Musik in Europa sucht, darf man sich nicht auf Köln oder Amsterdam beschränken. Dresden zählt seit langem dazu, ebenso wie Prag. Bisher haben wir die Musiker des Collegiums Marianum, des Collegiums 1704 oder des Collegiums Inégal als Gäste an anderen Orten erlebt. Nun waren wir erstmals beim Letní slavnosti staré hudby in Prag – es ist bereits das 21.!

Seit dem 23. Juli bietet das Musikfest Konzerte mit einem breitgefächerten Programm. Zu Beginn erklangen Marc-Antoine Charpentiers Méditations pour le Carême sowie das Salve Regina à 3 voix pareilles, nach Telemanns Pariser Quartetten, Musik für Harfe und Sopran und einem Programm mit Hana Blažiková mit dem Collegium Marianum waren gestern zwei polnische Gäste in der Spiegelkapelle des Klementariums zu erleben. Die Musik, die Anna Firlus (Cembalo) und Krzysztof Firlus (Viola da Gamba) mitgebracht hatten, erwies sich dabei als so phantastisch wie der Raum.

Im ersten Teil gab es Sonaten von Christian und Christian Wilhelm Podbielski. Sie waren nur zwei Vertreter (Onkel und Neffe) aus einer musikalischen Familie und komponierten ebenso virtuos wie empfindsam. Ausgeprägte Seufzermotive konnte man ebenso entdecken wie fröhlichen musikalischen Schabernack – das Presto e scherzando Christian Wilhelms präsentierten Anna und Krzysztof Firlus als anspruchsvolles Neckspiel auf ihren Instrumenten. Das Largo des Onkels wiederum war eine zauberhafte Romanze.

Mitunter legten die beiden Spieler ein ordentliches Tempo vor, doch wurde dies nie zum Selbstzweck, sondern paßte zum Affekt der Musik. Mit einem Andante für Cembalo solo hatte Anna Firlus zwischen den Sonaten noch eine weitere Pretiose mitgebracht – allein wegen der Werke hatte sich die Reise schon gelohnt!

Mit Zauberwirkung überraschten Anna und Krzysztof Firlus noch mehrfach, wobei sie sich auf eine hervorragende Instrumentenbeherrschung und ein ungetrübtes Zusammenspiel stützen konnten. Somit war Johann Sebastian Bachs Sonata in D für Viola da Gamba und obligates Cembalo ein prächtiges Schaustück, das dem Tasteninstrument, das zuvor noch eine vornehmlich begleitende (zuweilen dennoch antreibende) Rolle gespielt hatte, Gelegenheit gab, mit perlenden Mustern und Girlanden in den Vordergrund zu treten.

Und die nächste Überraschung folgte sogleich: Mit zwei Sonaten Carl Friedrich Abels schloß das Programm, wobei es sich bei der ersten um eine Bearbeitung handelte. Gerade im Moment kann man an Beethovens Klaviersonaten oft erleben, wie anders sie klingen und wie sich ihr Charakter ändert, wenn sie auf einem alten Instrument wie einem Hammerflügel gespielt werden. Doch der Instrumentenklang alleine ist es nicht. Abel, der Gambe und Violoncello virtuos beherrschte, verfügte über eine vertiefte Kenntnis der Spielweise. Und diese beeinflußt die Idiomatik durchaus (wie auch umgekehrt). In seiner Sonata KW 112 in F, ursprünglich für Flöte und Violoncello geschrieben, klang die Gambe nun wie ein Cello!

Mit einer Sonata in G durfte sie nun wieder original klingen – ein berührender Ton, der ebenso beruhigend wirkte, wie das Spiel von Anna und Krzysztof Firlus anregend lebendig sein konnte, auch wurde der eindringliche Gesang der Gambe nie dominant – ein musikalisch harmonisches Paar!

4. September 2020, Wolfram Quellmalz

Wenn Sie nicht beim Konzert gewesen sind, sich aber für die Musiker interessieren, finden Sie hier zwei Stücke zum Nachhören: https://www.letnislavnosti.cz/en/koncert/gallant-conversations-2/

Anna und Krzysztof Firlus haben zwei Sonaten Christian Podbielskis sowie weitere von Johann Sebastian und Carl Philipp Emanuel Bach auf CD herausgebracht (erschienen bei DUX)

Das letzte Konzert der diesjährigen Reihe findet am kommenden Montag statt. Das Ensemble NeoBarock spielt dann Werke von Arcangelo Corelli, Johann Heinrich Schmelzer, Alessandro Scarlatti und anderen (7. September, 20:00 Uhr, Schloß Troja, Prag)

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