Dresden Chamber Soloists im Barockgarten Großsedlitz
Der Festivalname »Sandstein und Musik« nimmt zwei wesentliche Merkmale auf und weist darauf hin, daß hier Musik und die Region des Elbsandsteingebirges vereinigt werden sollen. Es gehört jedoch noch weit mehr dazu, wie sich am Sonntag im Barockgarten Großsedlitz zeigte. Allein wer das Konzert zum Anlaß nahm, (wieder einmal) den Barockgarten zu besuchen, den Duft von Zitrusblüten einzuatmen oder den Begriff der Sichtachse nicht nur als Terminus technicus zu kennen, sondern sehend zu erfahren, hatte schon einen genußvollen Gewinn.
Und wer allein der Musik wegen gekommen war, wurde nicht minder erfreut. Und das schon vorab, denn Sandstein und Musik hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Musikschulen der Region zu unterstützen, sammelt Geld für die Anschaffung von Instrumenten. Was damit geschieht, kann man regelmäßig in den Vorprogrammen erleben, und so wurden auch am Sonntag die Gäste von Musikschülern empfangen: Emma-Luise Brosche, Fiona Hieckmann und Kim Reymann (Blockflöten) sowie Laurens Krumnow (Violoncello) spielten aus Leopold Mozarts »Kleinen Stücken«, Johann Sebastian Bachs Cellosuite Nr. 3 sowie Auszüge aus Georg Friedrich Händels »Wassermusik«.

Drinnen in der Orangerie wartete das Fritz Busch Quartett (Tibor Gyenge und Federico Kasik / Violinen, Michael Horwath / Viola und Titus Maack / Violoncello), dessen Mitglieder wie Robert Oberaigner (Klarinette) aus der Sächsischen Staatskapelle Dresden stammen. Als Dresden Chamber Soloists (DCS) treten sie in wechselnden Besetzungen auf und immer mehr in Erscheinung. Zuletzt besuchten sie die Ukraine und Lemberg, spielten für die Menschen dort und sorgten für viele Begegnungen. Und auch in der Besetzung des Sonntags gibt es von den DCS bereits neues: Ende Mai ist die neue CD mit Klarinettenquintetten von Johannes Brahms und Max Reger erschienen.
Bevor das eine der Werke erklang, nahm sich das Fritz Busch Quartett zunächst Peter Tschaikowskis an – sein zweites Streichquartett scheint gegenüber dem dritten und vor allem dem ersten zu wenig beachtet, dabei bietet es musikalische Ideen zuhauf. Zunächst mit Federico Kasik als Primarius formte sich aus dem verschleierten, eher düsteren Beginn ein bald reich erregter Quartettklang, der flexibel und wandelbar mal den einen, mal den anderen Schwerpunkt fand. Eben noch schienen die Stimmen dicht beieinander, da hob sich die eine (Violoncello) kurzzeitig hervor. Die Geschmeidigkeit ging dem Quartett jedoch zu keinem Zeitpunkt verloren, ruhig floß das Andante dahin, um im letzten Satz ein fast hymnisches Allegro non molto anzustimmen – die Bezeichnung verlangte nach Maß.

Das Maß stimmte auch nach der Pause, als die beiden Geiger für Johannes Brahms‘ Klarinettenquintett ihre Positionen gewechselt hatten. Zu Eleganz und Geschlossenheit trat nun noch das Parlando hinzu, meist von der Klarinette, die sich jedoch im Austausch gerade der ersten Violine dieses auch einmal teilte. Da sich Robert Oberaigner und Tibor Gyenge gegenübersaßen, trat dies um so wirkungsvoller hervor. Mit fließenden Übergängen und zarten, jedoch kaum weniger leidenschaftlichen Piani sorgte das Quintett dafür, daß Brahms‘ Suggestionskraft nicht abriß. Plötzlich – in dieser Emotionalität – schienen sich Tschaikowski und Brahms sehr nahe.
Als Schluß- und bereits Zugabestück hatten sich die DCS für ein Werk entschieden, daß dem Namen nach unzeitgemäß war, aber mit betörender Innigkeit im Klang überzeugte: Peter Tschaikowskis »Herbstlied« (Original: »Oktober« aus dem Klavierzyklus »Jahreszeiten«) in der von Tōru Takemitsu.
3. JUli 2023, Wolfram Quellmalz

Robert Oberaigner (Klarinette), Fritz Busch Quartett: Klarinettenquintette von Johannes Brahms und Max Reger, SACD, erschienen bei MDG