Geunpyo Park beim Pianoforte-Fest Meißen
Das Abschlußkonzert des Pianoforte-Festes Meißen bot am Mittwochabend in der Aula des Landesgymnasiums Sankt Afra noch einmal besonderes. Mit Geunpyo Park war eine junge Pianistin zu Gast, die gerade noch in der ersten Jahreshälfte Preise gewonnen hatte, darunter beim Internationalen Schubert Wettbewerb Dortmund. Dort zwar nur zweitplaziert, wurde sie aber mit dem Publikumspreis ausgezeichnet – einer Entscheidung, der sich Veranstalter Jan Thürmer vom Pianoforte-Fest anschloß.
In Dortmund hatte keineswegs nur Schubert auf dem Programm gestanden, sondern auch Werke oder Bearbeitungen von Bach, Beethoven, Liszt oder Chopin. Geunpyo Park überraschte mit ihrem Programm insofern, daß sie sich ganz auf Stücke konzentrierte, die man der Wiener Klassik zuordnet – Mozart, Beethoven und Schubert. Was Alfred Brendel in seinen letzten Jahren als Pianist regelmäßig praktiziert hat, ist heute durchaus ungewöhnlich. Aber es trifft wohl den Kern genau dessen, was die Pianistin, die bereits in Korea ausgebildet wurde, in Deutschland noch einmal vertieft studieren wollte. Wie schon beim letzten Konzert des Pianoforte-Festes mit Lovre Marušić [NMB berichteten: https://neuemusikalischeblaetter.com/2025/09/03/beethovens-verborgener-schatz-und-rhythmisches-verstandnis/%5D war damit übrigens ein Student bzw. eine Studentin zu erleben, dessen Lehrer, in diesem Fall Jacob Leuschner, vor einigen Jahren selbst Gast in Meißen gewesen ist.

Als Eröffnung hatte sich Geunpyo Park ein Werkpaar gewählt, dessen Kombination so sinnig wie ein Bach’sches Präludium mit Fuge schien: Wolfgang Amadé Mozarts Fantasie d-Moll (KV 397) und Rondeau D-Dur (KV 485). Die Fantasie verband die Leichthändigkeit früherer Jahre mit einem zunehmend dramatischen Baß – mit feinem Pedaleinsatz sorgte Geunpyo Park jedoch für eine geschmackvolle Balance ohne Überbetonung. Der angedeutete dunkle Schimmer erinnerte so schon ein wenig an Schubert – ein Effekt, der sich im schwungvollen Rondeau noch mehrte. Wobei gerade hinsichtlich des Geschmacks anzumerken bleibt, daß der Pianistin auf dem modernen Thürmer-Konzertflügel die Andeutung einer Nonchalance gelang, die an Mozarts Klaviere erinnerte.
Mit den zehn Variationen Mozarts über das Lied »Unser dummer Pöbel meint« (KV 455, nach Glucks Komischer Oper »Pilger von Mekka«) durfte sich eine Abwechslung von »leichter Hand« und beherztem Gesang noch um eine dramatische Ausdehnung erweitern, die noch einmal auf Schubert zu verweisen schien.
Wenn man Schubert in Mozart entdecken mochte, dann vielleicht auch Schumann in Beethoven? Zumindest gestaltete Geunpyo Park das Andante der »Pastoral«-Sonate Ludwig van Beethovens sehr schumannesk. Begonnen hatte sie mit einem Allegro, das deutlich differenzierter den Fortschritt auf dem Klavier seit Mozart gut fünfzehn Jahre später anzeigte. Mit weiterhin sorgsamem Pedaleinsatz eröffnete sich eine fast schon sinfonische Sicht auf Beethoven. Das Andante, in dem sich Licht und Schatten, Kontrast und Hall chimärenhaft gegenüberstanden, blieb vielleicht der Höhepunkt dieser Sonate, nicht zuletzt, weil es sich eindeutig und mit zuspitzender Dramatik entwickelte und noch vor dem Scherzo einen heiteren Frohsinn erreichte. Das abschließende Rondeau dagegen schien ein wenig »korrekt« – hier mag man der jungen Pianistin zugestehen, in den kommenden Jahren noch mehr Finesse zu entwickeln.
Mit Franz Schubert Sonate A-Dur D 959 stand nach der Pause ein Gipfelwerk auf dem Programm. Eine der letzten Kompositionen, wenige Wochen vor Schuberts frühem Tod entstanden, lassen sich diese Sonaten (vor allem die letzten drei) kaum ohne einen biographischen Bezug zum Komponisten hören. Geunpyo Park gelang jedoch eine freie, ausdrucksstarke Interpretation, die zu Beginn ein leicht perlendes Motiv auf die schweren Anfangsakkorde folgen ließ und sich in den Schlußsätzen nicht verhedderte – im Scherzo wie im Rondeau hatte Schubert Trio-Einführungen gemacht, das Ende nicht nur hinausgezögert, sondern darin einen neuen Anfang geschaffen (als wollte Schubert kein endgültiges Ende akzeptieren). Neben der wachsenden Dramatik darin leuchtet auch hier besonders das Andante zuvor, quasi Schuberts Regentropfen-Prélude, in dem Geunpyo Park die Repetitionen sorgsam belebte und wie glitzerndes Wasser in eine höhere Ebene zu heben schien, statt daraus Eintönigkeit folgen zu lassen.

Noch in der Zugabe blieb Geunpyo Park sich oder ihrem Lehrer (?) treu: Jacob Leuschner hatte dem Publikum vor zehn Jahren Mozarts wunderbares Adagio für die Glasharmonika präsentiert, Geunpyo Park wählte ebenfalls Mozart: das Rondeau Allegretto aus der Klaviersonate KV 494.
18. September 2025, Wolfram Quellmalz
Erstmalig gibt es in zwei Wochen ein Postludium beim Pianoforte-Fest Meißen: am 1. Oktober, 19:00 Uhr, spielen Schülerinnen und Schüler des Nachwuchsprogramms folkwang junior Klavier- und Kammermusik im Sankt-Afra-Gymnasium (Eintritt frei).