Frischer Wind bei den Musikfestspielen

Birmingham Symphony Orchestra und Jan Vogler mit Britten, Mozart und Schumann

Erfrischend klang in der Tat nicht nur die »Frühlingssinfonie«, sondern bereits Wolfgang Amadeus Mozarts »Pariser Sinfonie«. Nur der Dauer nach ein kleines Werk, hatte man die Meisterkomposition an den Anfang des Konzertes am Freitag in der Staatsoper gestellt. Schon hier zeigte sich das Birmingham Symphony Orchestra unter der Leitung von Gustavo Gimeno besonders bläserfreudig. Aus dem flottem Beginn leitete der Dirigent einen fröhlichen »Tumult« ab, an dem sich nicht nur markante Holzbläser beteiligten, sondern auch lachende Violinen – Mozart muß guter Dinge gewesen sein, als er das Werk geschrieben hat. Doch ließ Gustavo Gimeno all die Fröhlichkeit nicht einfach durch den Saal brausen, sondern putzte die Effekte mit Umsicht heraus und gab dem Andante des zweiten Satzes angemessene Tanzschrittweite mit.

Ganz anders als bei Pianisten und Violinisten scheint das Repertoire der Cellisten viel kleiner, zumindest, wenn man das als gegeben ansieht, was sich im Konzertbetrieb etabliert hat. Arthur Honeggers Gattungsbeitrag, den Jan Vogler vor fünf Jahren in Dresden spielte, gilt da schon als außergewöhnlich. Für den 40. Festspieljahrgang gab es mit Benjamin Brittens Komposition Opus 68 etwas noch ungewöhnlicheres. »Sinfonie für Violoncello und Orchester« ist das Werk übertitelt, da der Komponist die Stimme des Solisten stark sinfonisch mit denen des Orchesters verwoben hat. Dabei fand Britten ganz unterschiedliche »Rollen«, schenkte der Grundierung bzw. Stimmung hohes Gewicht – man hätte das Werk genausogut »konzertante Oper für Violoncello und Orchester« nennen können.

Festspielintendant Jan Vogler hatte denn einen ganzen Parcours an Rezitativen, Tenorarien und Duetten zu bewältigen, mußte aber auch die Gesanglichkeit eines Liedes ohne Worte finden. Immer wieder wandte er sich Bläserpartnern zu oder wurde von den Streichern des Birmingham Symphony Orchestra umschlossen. Das war aufregend und frisch – schon Anfang und Ende des ersten Satzes, von Schlagwerken und Kontrabässen prägnant gefärbt, entführten in eine ganz eigene Welt. Ein tiefes Raunen und körperlich spürbare Schwingungen (Bässe und Schlagwerke) kehren immer wieder in Brittens Konzertsinfonie, die besonders durch Dramatik herausstach, von Jan Vogler und dem Orchester mit großer Präzision dargestellt. Was konnte dem als Zugabe besser folgen als eine verinnerlichende Sarabande Johann Sebastian Bachs?

Mit Robert Schumanns erster Sinfonie fügte Gustavo Gimeno dem erfrischenden Charakter noch einmal freundliche und offene Farben hinzu. Auch jetzt hob der Dirigent die Rolle der Bläser hervor, ohne die Balance mit den Streichern zu verlieren. Schade war eigentlich nur, daß das Orchester in »amerikanischer« Sitzordnung, also mit den Violinen nebeneinander statt gegenüber, Platz genommen hatte. Die beiden Sinfonien hätten hier noch mehr profitieren können.

Nach so viel erfrischenden Momenten forderte das Publikum stürmisch mehr und bekam als Zugabe das Andantino aus Franz Schuberts »Rosamunde«.

27. Mai 2017, Wolfram Quellmalz

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