Aufs Wort bedacht

Kreuzchorvesper mit Friedensbotschaften

Das Wort stand in der Kreuzchorvesper am Sonnabend ganz besonders im Mittelpunkt. Einerseits, weil vor dem 16. Sonntag nach Trinitatis die Auferweckung des Lazarus in der Lesung enthalten war, andererseits, weil noch der Worttext in Motetten, Kantaten und Liedern so unterschiedlich zur Wirkung gebracht wurde.

Kreuzchorvesper am vergangenen Sonnabend in der Dresdner Kreuzkirche, Photo: Kreuzkirche Dresden

Mit Agnes Ponizil, welche in diesem Jahr als Komponistin die Introitus beisteuert, wurde die Reihe der Uraufführungen in der Kreuzvesper fortgesetzt. Ihr neues Werk (unter anderem aus Psalm 68 »Die Gerechten freuen sich und sind fröhlich vor Gott«) begann mit einer kurzen Sequenz, die kanonartig die Stimmen zusammenfügte, führte zeilenweise durch die Verse, teils mit Betonung einzelner Worte (auch Sprechgesang). Simon Wawers nach der Kantate folgendes Magnificat für gemischten Chor – im Klang selbstverständlich anders – zielte ähnlich auf den Inhalt, während Mendelssohns romantische Textvertonungen viel mehr an Emotionen orientiert blieben. Im geradezu krassen Gegensatz löste dies Arvo Pärts Da pacem Domine am Ende auf. Hier werden nicht nur Worte betont, sondern Silben herausgelöst. So sehr, daß ein zauberischer, esoterischer Chorklang entstand. Zauberisch, weil er – von stehenden Streicherfiguren begleitet – zu verharren scheint, also ganz anders als in geschmeidigen Vokalisen, die immer die menschliche Stimme repräsentieren, die Kruzianer als Quasi-Instrumentalisten zeigte.

Doch damit war es an zeitgenössischer Musik noch nicht genug, denn bereits nach Agnes Ponizils Introitus hatte es noch ein zweites neues Stück gegeben, »Verleih uns Frieden« von Kruzianer Anton Matthes. Der Chorpräfekt dirigiert sein den Opfern des Rußland-Ukraine-Kriegs gewidmetes Werk auch selbst. Mit Felix Mendelssohns Motetten »Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren« (aus: Drei Motetten Opus 69) und »Verleih uns Frieden« gewann die Friedensbitte ein besonderes Gewicht in dieser Vesper.

Kreuzchorvesper am vergangenen Sonnabend in der Dresdner Kreuzkirche, Solist: Jonas Finger (Tenor), Photo: Kreuzkirche Dresden

Das Philharmonische Kammerorchester Dresden, das am Ende (Pärt) mit dem Kreuzchor zu einem Klang verschmolz, war vor allem wesentlicher Begleiter in Johann Sebastian Bachs Kantate »Christus, der ist mein Leben« (BWV 95). Ein Werk, das in der Programmfolge nicht nur als wohl affektreichstes Stück herausragte, sondern hinsichtlich Thema (Das eigene Leben und der eigene Tod), Textzeilen (»an deines Babels Flüssen, das Wollustsalz verschlucken müssen«, »du längst erseufzter Sterbetag«) und nicht zuletzt in manchen rhythmischen Finessen Herausforderungen stellt – so etwas muß man einem Knabenchor erst einmal vermitteln! Kreuzkantor Martin Lehmann ist dies offenbar gelungen, denn die Kantate überzeugte nicht nur dramaturgisch und in einer berührenden Emotionalität, wesentliche Passagen hatten zudem zwei Kruzianer (Theo Krautz / Sopran und Gustav Schade / Baß) übernommen. Jonas Finger (Tenor) trat erneut gestaltungssicher auf.

Nach dem Gemeindegesang (aus EG 115 »Jesus lebt, mit ihm auch ich«) hatte Kreuzorganist Holger Gehring mit Johann Sebastian Bachs Praeludium et Fuga a-Moll (BWV 543) dem Programm mit seinen Denkansätzen ein Werk gegenübergestellt, das in seiner Tonart (ernst, klagend, fromm) die Texte aufzunehmen schien, gleichzeitig aber mit improvisatorischer Anmut spielte.

24. September 2023, Wolfram Quellmalz

Am kommenden Sonnabend gestalten Solisten und die Capella Sanctae Crucis Dresden die Kreuzvesper zum Michaelisfest.

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