Es gibt sie noch!

Schulchöre im Dresdner Kulturpalast

Hört man von Lehrermangel, Unterrichtsausfall oder der Situation von Honorarkräften an Musikschulen, entsteht schnell der Eindruck, daß der Musikunterricht – noch vor dem Sport – öfter ausgespart wird. Trotzdem sollte man sich auch hüten, den negativen Eindruck zu generalisieren. Am Dienstagmorgen trafen sich Schulchöre aus Dresden und der Umgebung im Kulturpalast, um miteinander zu singen bzw. einander vorzusingen – Singen sei cool, faßte Gastgeber Gunter Berger, Chordirektor des Hauses und Leiter des Kinder- und Bürgerchores, zusammen. Seinem aus der musikalisch lebendigen wie bunten Matinée gezogenen Schluß, man müsse keine Angst um Schulchöre haben, darf man (siehe oben) trotzdem mit einem angemessenen Maß Skepsis begegnen.

Feststellen darf man aber auch: es gibt sie und sie singen noch. Und das offenbar gerne, denn die Freude am Chor war allen anzumerken. Auch ließen sie sich von Gunter Berger beim Einzug und während der Chorwechsel immer wieder animieren, in »Es tönen die Lieder, der Frühling kehrt wieder«  einzustimmen. Und das nicht nur auf der Bühne mit den jeweils Aktiven, sondern auch im Parkett und in den Rängen bei Klassenkameraden und Besuchern, so daß das Lied auch als dreistimmiger Kanon mühelos »durchging«. Nur die Kreuzung mit einem anderen Text zur Melodie (»Heut‘ kommt der Hans«) verlor bald an Kraft.

Auf der Bühne gab es ein Wiederhören und Kennenlernen verschiedener Schulchöre. Erstaunlich viele kamen aus den Grundschulen, wobei die Umgebung von Heidenau über Radeberg bis Bischofswerda einbezogen wurde. Die etwas Älteren wurden durch die Jüngsten des Philharmonischen Kinderchores und den Kinderchor des Romain-Rolland-Gymnasiums vertreten – letzteres ist als eine der musikalisch aktivsten Schulen der Stadt seit vielen Jahren immer wieder zu erleben.

Das Repertoire der zwölf Chöre war breitgefächert: von Musical über ein Medley bis – vor allem bei den Jüngsten – zu Kinderchorliedern reichte das Angebot, das sich allerdings weniger um ein festes Zentrum bildete, als dies vielleicht einmal gewesen ist. Diesmal lagen spanische und Südamerikanische Lieder in der Gunst weit vorn. Der Schulchor des Goethe-Gymnasiums Bischofswerda leitete mit dem ursprünglich italienischen Frühlingslied »Tiritomba« bereits in diese »südliche Richtung«, die 56. Grundschule präsentierte den »Bananen-Boogie«. Ebenfalls traditionell, aber von noch etwas weiter her, war der Beitrag der Christlichen Schule Dresden, die ein afrikanisches Lied (»Bwana awabariki«) zum Programm beitrug.

Der »Teufelskomet« 12P/Pons-Books, ein Periodischer Komet mit einer Umlaufzeit von 71 Jahren, war bis in die Apriltage zu sehen (Aufnahme vom 7. März 2024, Bildquelle: Wikimedia commons

Mit dem Volkslied »Ein Jäger längs dem Weiher ging«, das früher zum Kernrepertoire gehört hätte, sorgte die 138. Oberschule aus Gorbitz damit sozusagen für etwas »traditionell Exotisches«. Und das mit Kostümen von Jäger und Hase auch recht bildhaft. Im Kern ging es um das Erzählen einer Geschichte, was noch mehrfach im Programm vorkam: die Kinder des Sonnenblumenkinderchores der 108. Grundschule berichteten von einem radelnden Elefanten, der Chor der 12. Grundschule von einem Papagei, während sich die jüngsten des Philharmonischen Kinderchores »Rotkäppchen« ausgewählt hatten und der Radeberger Schulchor Hans Sandigs »Besuch im Zoo« vorbereitet hatte. Exotisch betrifft ja nicht nur ferne Ländern – die 49. Grundschule hatte das Lied »Komet« im Gepäck. So ein Konzert ist ein besonderer Auftritt, der Alltag von Schulchören besteht in der Regel aus wöchentlichen Proben. Doch auch dort soll der Spaß dazugehören – am Ende wurde deshalb den vielen Chorleiterinnen und Chorleitern gedankt, die solche Proben realisieren. Sie hatten sich teils mit Gunter Berger am Flügel abgewechselt, für die musikalische Untermalung sorgte außerdem ein kleines Trio mit Flöte (Johanna Dabels), Klarinette (Justus Czarnikov) und Kontrabaß (Claus-Peter Nebelung). Wo das nicht genügte, gab es noch kleine Extras – die Astrid-Lindgren-Grundschule Heidenau hatte selbst drei Xylophonisten mit dabei, die Christliche Schule Klanghölzer. Zum bunten Charakter gehörten neben der Farbe und Kostümen aber auch kleine, eingewobene Choreographien, wie beim Romain-Rolland-Gymnasium (»Unter dem Meer«) oder der 56. Grundschule.

23. April 2024, Wolfram Quellmalz

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