Mozart-Verein gibt Herbstkonzert im Kanonenhof
Der seit 1896 bestehende Mozart-Verein zu Dresden ist eines der heute über 800 in einem Bundesverband organisierten Liebhaberorchester. Die Mitglieder gehen oder gingen durchweg anderen Berufen nach, gemein ist ihnen jedoch die Freude am Musizieren. Und das kann lange anhalten – die mit 90 Jahren älteste Musikerin spielt seit 1953 in der Violingruppe.
Nicht nur der Zuspruch an aktiven Mitgliedern ist groß, sondern auch der von Zuhörern. Angehörigen natürlich, aber ebenso Neugierigen. Und so war das Konzert am späten Sonntagnachmittag im Kanonenhof am Brühlschen Garten nicht nur ausverkauft, sondern es mußten sogar Extrastühle aufgestellt werden. Der Ort schien zu klein – im nächsten Frühjahr spielt das Orchester dann in der Annenkirche.
Das Programm entsprach einer musikalischen Begegnung auf mehreren Ebenen, denn einerseits spielten Großvater KMD Christian Thiele (Dirigent) und Enkel Friedrich Thiele (Violoncello) zusammen, andererseits trafen mit Domenico Cimarosa, Joseph Haydn und Juan Crisóstomo de Arriaga drei Komponisten aufeinander, die heute als Klassiker aus Italien, Österreich und Spanien gelten, die es aber dennoch wiederzuentdecken gilt. Laienmusiker zu sein, schließt also nicht aus, sich ungewöhnlichem Repertoire zuzuwenden. Im Fundus des Bundesverbandes deutscher Liebhaberorchester findet sich für solche Fälle umfangreiches Aufführungsmaterial.
Und dies offenbarte bei Cimarosa und de Arriaga vor allem Opernkomponisten. Von ersterem hatte Christian Thiele die Ouvertüre zur Oper »Giannina e Bernadone« ausgewählt. Cimarosa war seinerzeit enorm erfolgreich, was sich damals aber nicht in »Likes« oder CD-Verkäufen äußerte, sondern darin, daß er an vielen Opernhäusern gespielt und sogar von Katharina der Großen engagiert wurde. An die einhundert (!) Werke zählt allein das Opernverzeichnis zu seinen Hauptwerken. Die im Konzert gespielte Ouvertüre gab einen Einblick in die musikalische Wendigkeit und Farbenfreude der Kompositionen Cimarosas und forderte gleich die Bläsergruppen, allen voran die Oboe.
Als zentrales Stück erklang im Anschluß Joseph Haydns zweites Cellokonzert. Das Opus 101 unterscheidet sich von seinem Schwesterwerk vor allem in der besonderen Stimmführung des Solisten, die einem besonders liedhaften Charakter aufweist. Friedrich Thiele, in vielen Nachwuchswettbewerben bereits bewährt, nahm sich des Werkes mit Herz an und ließ sein Cello warm singen. Zwar kennt er das Stück auswendig, wußte es aber vor allem zu beleben und nicht routiniert zu »liefern«. Das Cello mußte sich seiner Zeit noch den Platz als Konzertinstrument erobern, mit der am Sonntag gebotenen Klangfülle gelang dies leicht. In den Kadenzen wiederum spürte Friedrich Thiele der Feingliedrigkeit der Motive nach.
Und auch die Zugabe war mehr als eine Pflichtvorführung. Nach einer Sarabande beim Konzert am Vortag in Roßwein entschied er sich diesmal für die Gavotte I und II aus Johann Sebastian Bachs sechster Cellosuite.
Mit Juan Crisóstomo de Arriagas Sinfonia a gran orquesta D-Dur ging das Konzert zu Ende. Selbst wenn dies ein Instrumentales Werk ist, verrät es den Opernkomponisten doch, wenn er zum Beispiel den Streichern eine dunkle Grundierung zuweist und die Singstimmen der Bläser darüber setzt. Neben den Stücken an sich vermittelte das Konzert vor allem aber die Freude am Beteiligt sein, bei den Musikern ebenso wie bei den Zuhörern.
23. Oktober 2017, Wolfram Quellmalz