Tonkünstlerverein präsentiert zwei exotische Programmhälften
Zum fünften Kammerabend mit Musikern der Sächsischen Staatskapelle bekamen die Zuhörer ungewöhnliches präsentiert, nämlich – keine Streicher. Statt dessen zunächst Hanns Eislers Divertimento für Bläserquintett. Die Opuszahl 4 läßt ein frühes Werk vermuten, doch hatte Eisler bereits vor seinem Studium bei Arnold Schönberg in Wien eigene Kompositionen verfaßt. In seinem 1923 geschriebenes Quintett spielen oft nicht alle Musiker gleichzeitig, vielmehr schafft es Bezüge zwischen einzelnen Paaren oder streicht Stimmen heraus, behält aber stets den leichten, unterhaltsamen Charakter bei. Daß nicht immer alle fünf Spieler zugange sind, fokussiert und hebt hervor, wie Jochen Ubbelohde, dessen Hornrufe ebenso markant waren wie die kurze Folge gestopfter und ungestopfter Töne. Das Quintett (außerdem Rozália Szábo – Flöte, Céline Moinet – Oboe, Robert Oberaigner – Klarinette und Thomas Eberhardt – Fagott) artikulierte das Divertimento in bestechender Qualität und dem Wortsinne nach mit »Vergnügen« – auch für den Zuhörer.
Der rumänisch-deutsche Pianist Herbert Schuch war schon einige Male in Dresden, auch Beethovens Quintett für Klavier und Bläser spielte er hier schon einmal im Rahmen der Meisterkonzerte. Am Sonntagabend wirkte er als Gast des Kammerabends mit und brachte das Werk mit Céline Moinet, Robert Oberaigner, Jochen Ubbelohde und Thomas Eberhardt erneut zur Aufführung. Auch Beethoven folgte der Idee einer geistvollen Unterhaltung, fügte dem Quintett Zitate bei. Gleichwohl ist das Klavier etwas herausgehoben, so daß sich im zweiten und dritten Satz zuweilen eine Sonatenatmosphäre einstellte. Herbert Schuch begann seinen Part beherzt, um den Klang seines Instruments gleich darauf mit den anderen vieren zu verschmelzen. Immer wieder hob sich ein anderer Solist hervor – Gesanglichkeit hatte jede der Stimmen inne.
Der zweite Teil des langen Abends gehörte dann Manuel Westermann, Simon Etzold, Yuka Maruyama und (als Gast) Björn Stang. Allesamt sind sie Schlagzeuger, Perkussionisten, und präsentierten eine Folge von sechs Werken, die nur »geschlagene« Instrumente erfordern. Das können auch bloß die Hände sein, wie in Steve Reichs »Clapping Music«, dessen zwei Spieler (zum Kammerabend gedoppelt) gemeinsam oder phasenverschoben in die Hände klatschen, einen einfachen Grundrhythmus auch dynamisch variieren, lauter werden und am Ende ganz leise – mit Fingertippen – verklingen. Oder Matthias Schmitts »Ghanaia«, der – wie dann auch Anders Koppel und Gene Koshinski – mit dem Marimbaphon eine melodiöse Klangwelt erschließt. Koppels mehrteilige »Toccata« steigert sich bis zur Musik einer Spieluhr, während Nebojša Jovan Živkovićs »Trio per Uno« zunächst wie das Spielzeugmodell eines erzgebirgischen Pochwerkes klingt, um dann gewaltig und aggressiv anzuschwellen. Zwischen den beiden lauten Ecksätzen hat der Komponist wiederum ein beschaulich-niedliches »Contemplativo« gesetzt.
Neben den frappierenden und überraschenden, packenden klanglichen Effekten beeindruckten die Bewegungsabläufe ebenso: in vielen Stücken teilten sich die Spieler nicht nur Instrumente, sondern mußten auch Stimmen gemeinsam erzeugen, was nicht zuletzt absolute Synchronität erfordert. Aber selbst ein Schlagwerk kann man anstreichen oder ganz sachte tupfen – touché! Davon ließen sich viele der Besucher berühren.
7. März 2016, Wolfram Quellmalz