Symposium im Rahmen des Bachfestes Dresden

Bach PLUS I an der Musikhochschule

Der Zusammenhang mit Bach dürfte in den Beiträgen des Symposiums deutlich konkreter gewesen sein. Referenten und Teilnehmer setzten sich am Montag und Dienstag mit den Kirchenvätern auseinander, mit lutherischem Komponieren, mit pragmatischen Ansätzen bei Bach und dem Konzertereignis, aber auch mit übergeordneten Topoi wie »Gesellschaft« oder »Ersatzreligionen«. Die beiden Abende schlossen jeweils mit einem Konzert im Saal der Musikhochschule, ohne daß sich hier aber die tags diskutierten Themen zwangsläufig praktisch widerspiegelten.

Das für Montagabend angesetzte Programm Bach PLUS I war gegenüber der ursprünglichen Ankündigung im Heft des Bachfestes erheblich gekürzt worden. Mit den dort noch vermerkten drei Arien, einer Kantate Jörg Herchets, einem Satz aus Olivier Messiaens »Quatuor pour le fin des temps« und Dmitri Schostakowitschs Kammersinfonie wäre es jedoch deutlich überdimensioniert gewesen und hätte seine Zuhörer schon zeitlich überfordert.

Was nach den Streichungen geblieben ist, hatte allerdings einen weniger verbindlichen Charakter. Musikalische Bezüge zu Bach lassen sich leicht herstellen, fallen dann aber schnell beliebig aus, und so hätte das Konzert als »Cello PLUS« auch ein normaler Klassenabend an der Hochschule sein können. Dabei war der Bezug zum Instrument insofern nachvollziehbar, daß Emil Rovner, Prof. für Violoncello, für die Gestaltung verantwortlich zeichnete.

Besonders gelungen war die Zusammenfassung dreier Werke nach der Pause: Auf Valentin Silvestrovs träumerisches »24. März 1685« (zum Geburtstag Johann Sebastian Bachs) im Duett mit Jin Kyung Kim und Krzysztof Pendereckis Sarabande aus dem »Divertimento« (Adagio in memoriam) spielte Emil Rovner Bachs zweite Suite für Violoncello solo. In diesem Verbund war der Bezug so sinnfällig wie schön, die Suite betörte mit sanglicher Eleganz. Schon zuvor hatte Ji Won Lim Bachs dritte Violinsonate mit strukturierter Brillanz aufblitzen lassen.

Im Gegensatz zur koreanischen Studentin hatte es der Aria aus den Goldbergvariationen dagegen noch an Präzision gemangelt. Weitaus besser gelangen Juhee Seo (Violine), Younho Hong (Viola) und Jinkyung Kim (Violoncello) Hanns Eislers Prélude und Fuge auf B-A-C-H. Im Kontrast beider Werke begeisterte Eisler mit seinen Strukturen und Reflexionen.

Leider etwas verloren schien Mark Andres »iv2« (für »Introversion«). Das minimalistisch mit kleinsten Elementen gestaltete Werk für Violoncello solo arbeitet mit Klängen und (wie Solist Prof. Wolfgang Lessing bemerkte) Geräuschen, auch an der Grenze der Hörbarkeit. Es beginnt daher mit der Bogenbewegung des Cellisten, erst später wird der Klang hörbar. Immer wieder sind die Zuhörer gefordert, nicht nur zu hören, sondern Klänge zu identifizieren. Dem Experiment zu folgen und zu entscheiden, ob es nun Geräusch, Klang oder Musik sei, war höchst spannend, erreichte das Publikum aber offenbar nicht, wie man aus dem höflichen, aber kurzen Applaus schließen muß. Vielleicht war das Podium schlicht nicht passend gewählt, um das Werk zu vermitteln? Es wäre wünschenswert, das Stück des Dresdner Professors noch einmal in einem anderen Rahmen erleben zu können.

Nach so mannigfaltigen Eindrücken endete der Abend mit Heitor Villa-Lobos folkloristischen »Bachianas Brasileiras Nr. 1« für acht Cellisten. Der Bach-Bezug war also dem Titel nach gegeben, der rote Faden verlor sich aber leider.

27. September 2016, Wolfram Quellmalz

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