Glanzvolle Ferienarbeit

Bundesjugendorchester gastiert in der Frauenkirche

Im kommenden Jahr wird das Bundesjugendorchester ein großes Jubiläum feiern. In den vergangenen 49 Jahren waren manche Solisten zu Gast, darunter Christoph Eschenbach, Ingrid Haebler oder Arabella Steinbacher, aber auch mit Sting musizierte man schon, die Leitung hatten Dirigenten wie Leopold Stokowski, Michael Sanderling, Kurt Masur oder Sir Simon Rattle inne. Für die aktuelle Sommertournee war der Heidelberger Generalmusikdirektor Elias Grandy kurzfristig für den erkrankten Mario Venzago eingesprungen, die Solistenrolle in Gustav Mahlers »Kindertotenliedern« hatte Gerhild Romberger übernommen.

Das Bundesjugendorchester setzt sich aus Musikschülern zusammen, die sich über Probespiele qualifizieren müssen. Mehrmals im Jahr proben sie gemeinsam und gehen auf Gastspielreisen – die derzeitige ist schon die dritte für 2018, später folgt noch ein Auftritt beim Beethovenfest Bonn. Aktuell gehören zehn Musikerinnen und Musiker aus der Region zum Kader des Orchesters, in Dresden waren es vier (Charlotte Thiele als Konzertmeisterin der zweiten Violinen).

In den Aufführungen vor Dresden hatte sich gezeigt, daß eine andere Reihenfolge der Werke als ursprünglich geplant noch wirkungsvoller ist. So erklangen am Sonnabend in der Frauenkirche Anton Bruckners Ouvertüre G-Moll (WAB 98), Olivier Messiaens »L’Ascension« (Himmelfahrt), und schließlich Mahlers »Kindertotenlieder« sowie Paul Hindemiths Sinfonie »Mathis der Maler«. Elias Grandy hatte sich explizit mit der Akustik des Kirchenraumes befaßt und das Orchester aufgeteilt: zur Homogenität des Streicherklangs trug eine (fast) Amerikanische Sitzordnung bei, die Blechbläser (mit Ausnahme der Hörner) und Schlagwerker saßen bzw. standen im Altarraum. Auch die Anordnung erwies sich als wirkungsvoll, denn Streicher und Holzbläser sorgten für einen dichten »Klangteppich«, über den die Blechbläser hinwegstrahlen konnten. Elias Grandy gelang es dabei, Feinheiten offenzulegen, Soli durch Decrescendi einzuleiten und besonders Schattierungen hervorzuheben. Hier konnte gerade die Bratschengruppe mehrfach glänzen, die – als Abweichung vom »Amerikanischen« – rechts außen (Violoncello also innen, links daneben) saß.

Was das Bundesjugendorchester an Klang und vor allem mit Soli entfachte, war beeindruckend, wenngleich manchmal etwas machtvoll, denn – diesen Kompromiß war der Dirigent eingegangen – für den Raum war das Orchester etwas zu groß. Doch wer wollte den Musikschülern, die in den Ferien unterwegs sind, antun, daß nur ein Teil spielen darf und die anderen zusehen müssen?

Klang und Farbe waren klar auf der Haben-Seite. So bekam auch Paul Hindemiths Musik, sonst oft als »sperrig« abgetan, Gelegenheit, in Schönheit zu leuchten. Das Andantino aus den »Sinfonischen Metamorphosen« mit noch einmal vielen wunderbaren Soli (Flöte: Eva Gasparyan) war am Ende eine feine Zugabe.

Kaum minder hatten zuvor bereits Mahlers Lieder Leuchtkraft entfaltet, obwohl sie vordergründig – vom Verlust geprägt – tragisch und melancholisch sind. Gerhild Romberger vermochte mit feiner Ausgestaltung den tiefen Sinn, die Hoffnung und die Wehmut der Erinnerung fühlbar zu machen.

29. August 2018, Wolfram Quellmalz

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