Moritzburg Festival voll erblüht

Olli Mustonen im Mittelpunkt des »Skandinavischen Sommers«

Seit diesem Jahr haben die Moritzburger Konzerte programmatische Titel, im Mittelpunkt bleibt dennoch die Musik. Am Sonnabend wurde diese von Skandinaviern (mit-)geprägt: Olli Mustonen trat als Pianist und Komponist auf, darüber hinaus erklang mit Carl Nielsens Opus 1 dessen »Lille Suite« (Kleine Suite) für neun Streicher eröffnete den Abend. Arnaud Sussmann und Mira Wang (1. Violinen), Danbi Um und Paul Huang (2. Violinen), Pauline Sachse und Nicholas Chords (Violen), Floris Mijnders und Narek Hakhnazaryan (Violoncelli) sowie der »ständige Moritzburg-Bassist« Janne Saksala legten dabei offen, was »skandinavisch« meint: helle, luftige, beschwingte Farben. Berückend war, wie homogen das Ensemble zusammenwuchs und zu einem regelrechten Orchesterklang fand. Immer wieder bot Nielsen den Stimmführern Gelegenheit für liedhafte Soli, während er dem Intermezzo den Charme gedämpfter Violinen bescherte – das war doch wieder einmal eine Bereicherung!

Auf den Auftritt von Olli Mustonen waren nach dessen ersten Konzertbeiträgen Mitte der Woche viele gespannt, denn nun gab es Mustonen als Pianisten und Komponisten zu erleben. Noch 2012 hatte er ein Oboenquartett beigesteuert und Schumanns Phantasiestücke gespielt. In diesem Jahr erscheint Mustonen musikalisch deutlich dominanter, auch in seinem eigenen Klavierquintett. Ihm zur Seite standen Arnaud Sussmann, Paul Huong, Nicholas Chords und Jan Vogler (Violoncello).

Olli Mustonens Werk ist ein reiz- und effektvolles Stück, expressiv (erneut, es scheint dem Pianisten zu liegen) führt es eine musikalische Erregung mitreißend aus. Immer wieder entlockte der Pianist dem Flügel geradezu perkussive Klänge, aber auch die Streicher trugen mit Akkordschlägen bei – manchmal war man an die Jagd auf ein Individuum erinnert, wie sie Schostakowitsch einst in seinen Werken verankert hat. Entsprechend wurde es dynamisch fast ausufernd laut. Peitschend und aufreibend fand das Quintett eine Synthese aus Rhythmus (also Struktur) und Melodie (Stimmung), bis es schließlich im dritten Satz kontemplative Momente der Ruhe gab. Von hier steigerten sich die fünf Musiker noch einmal mit ungebremster Spiellust in ein fröhliches Finale.

Als Abschluß stand schließlich wieder einmal Robert Schumanns Klavierquintett Es-Dur auf dem Programm. Arnaud Sussmann sprang für den erkrankten Kai Vogler ein, an seiner Seite spielten Mira Wang, Pauline Sachse und Narek Hakhnazaryan, am Klavier noch einmal der Finne Mustonen. Dem Primarius muß man besonders hier eine erstklassige Rollenausübung attestieren, denn er führte nicht nur das Quartett äußerst stimmig zusammen, sondern sorgte ebenso für eine Verwebung mit dem Klavier – die Streicher waren kein »contre part«, sondern bildeten mit dem Pianisten eine Einheit.

So war das Klavier zwar nach wie vor tendentiell dominierend, im Verbund blieb es jedoch weitgehend ausgewogen, auch drangen Einzelstimmen immer wieder berückend hervor (erneut das herrliche Cello von Narek Hakhnazaryan). Eine Offenbarung war der zweite Satz, in dem die Streicher zunächst einzeln entzückten, dann aber zum Chor zusammenfanden. Den dritten und vierten Satz hingegen fügten die Musiker mit minimaler Pause zu einer Einheit – erneut konnte man spüren, was ein ganz wesentlicher Moritzburg-Faktor ist: die Spontanität, sich im Sinne des Stückes aufeinander einzustellen.

19. August 2018, Wolfram Quellmalz

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