Kreuzvesper nach einer ereignisreichen Woche

Ensemble Q 19 in der Dresdner Kreuzkirche

Nach den Ereignissen der Woche, den Toten von Halle und dem Rücktritt des Evangelischen Landesbischofs Carsten Rentzing hatte es keine normale Vesper geben können. Denn trotz des eher kontemplativen Charakters ist das »Wort zum Sonntag« doch ein Resumée, ein Richtungshinweis, ein Denkanstoß. Superintendent Christian Behr hatte, ausgehend vom – auch in vielen Darstellungen Jesus oder der Christenheit – Symbol des Siegesfähnchens daran erinnert, daß das Siegeszeichen in unseren Tagen doch ein nicht immer richtiges, zutreffendes sei, da wir uns doch im Gegenteil in einer Krise der Glaubwürdigkeit befänden. Gedanken an den Glauben und die Liebe – wie zuvor im Lied »Ubi caritas« von Ola Gjeilo – gehört, an die Kraft, die darin enthalten sei und die uns zufließen kann, diese Auseinandersetzung ist wohl nicht nur notwendig, sondern auch »zielführender« als das bewahrte Bild vom Sieg, mit dem man die Welt überwindet.

Das junge Sängerquartett (Clara Beyer / Sopran, Charlotte Kress / Alt, Marc Holze / Tenor und René Sennhenn / Baß), das sich in diesem Jahr über die Hochschule für Kirchenmusik gefunden und dem a-capella-Gesang verschrieben hat, begleitete gemeinsam mit Hans-Dieter Schöne (KMD i. R. / Orgel) durch die Vesperstunde. Das Programm war dabei vielfältig – es reichte vom Dresdner Kirchenmusiker Alfred Stier (»Herr, unser Herrscher«) über den in diesen Tagen besonders beachteten Heinrich Schütz (»Ehre sei dir, Christe«, die Vesper zählte zum Heinrich Schütz Musikfest), Aaron Copland (»Have mercy on us«), Christoph Albrecht (»Da antwortete Jesus und sprach«) und Albert Becker (Erquicke mich mit deinem Licht«) – doch schien diese Vielfalt schließlich doch etwas beliebig. Natürlich hatte man bei der Auswahl des Programmes die aktuellen Ereignisse nicht vorhersehen können, doch eine stärkere Ausrichtung hätte sich mancher vielleicht gewünscht.

So blieb es beinahe nur beim »Such[e], wer da will, ein ander Ziel«, das zuerst als Lied von Johann Stobäus (Satz: Günter Raphael) und später im Gemeindegesang erklang. Zudem hatte sich Q 19 entschieden, nicht alle Werke frontal vor der Gemeinde stehend zu präsentieren, sondern verteilte sich anfangs bei Alfred Stier im Altarraum und wandte dem Kirchenschiff bei Ola Gjeilo den Rücken zu – als Idee und Denkansatz nachvollziehbar, akustisch jedoch nicht glücklich, da es der Verständlichkeit abträglich war.

Natürlich muß man dem jungen Ensemble diesen Entwicklungsspielraum einräumen. Vielleicht auch, daß sie ihren »demokratischen« (?) Ansatz, daß jeder und jede einmal führen darf, aufgeben und sich für einen Leiter entschieden? Das könnte sich durchaus prägend auswirken, mehr Konzentration und Klarheit erlauben.

14. Oktober 2019, Wolfram Quellmalz

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