Moritzburger Akademisten spielen (fast) rund um die Uhr
Das Pensum der Moritzburg Festival Akademie ist immer umfangreich. Vierzig Anmeldungen gab es in diesem Jahr, 25 Akademistinnen und 15 Akademisten. Die Mehrzahl kam aufgrund der Reisebeschränkungen aus europäischen Ländern – neben Deutschland sind vor allem Frankreich, Spanien, Italien und Portugal stark vertreten – aber auch junge Türken, Israeli und Südkoreaner sind in diesem Jahr wieder dabei. Die Proben beginnen täglich um 9:00 Uhr, erst nach 22:00 Uhr ist Schluß. Und selbst davor und danach trifft man im Quartier oft noch Stimmgruppen, die sich auf den nächsten Auftritt oder die kommende Probe vorbereiten. Bisher hatte die MFA schon vier große Konzerte: als Orchester waren sie am Donnerstag beim traditionellen Besuch im König Albert Theater Bad Elster, Freitag sind sie umjubelter Gast im Berliner Konzerthaus gewesen (Festival Young Euro Classic), davor gab es am Mittwoch noch einen zusätzlich eingeschobenen Auftritt bei den Darmstädter Residenzfestspielen. Mit ihrem Orchesterprogramm um Schumann und Beethoven sind die Akademisten am kommenden Sonnabend noch einmal im Dresdner Kulturpalast zu erleben.
Am Sonntag gab es einen anderen traditionellen Auftritt der MFA: im Park von Schloß Proschwitz luden 33 der Akademisten zum Picknick am Vormittag. Ein paar weniger also als angemeldet, was neben wenigen Absagen vor allem der Tatsache geschuldet war, daß manche Orchesterinstrumente wie Pauken und Posaunen nicht vertreten waren. Dafür gab es aber zahlreiche Kammermusikformationen. Zweitausendeinundzwanzig erweist sich dabei als starker Quartettjahrgang, denn diesmal standen dezidiert viele Streichquartette auf dem Programm. Wie immer sind dies jedoch keine festen Formationen, so daß die meisten Teilnehmer in unterschiedlicher Zusammensetzung zwei oder gar drei Auftritte hatten. Cellist Benjamin Lund Tomter aus Norwegen markierte mit vier Teilnahmen den Spitzenwert. Neben dem Spielen zählt aber auch das Mitgestalten und Führen – manche Akademisten empfahlen sich bereits besonders als Primarius, wie Elija La Bronté, oder als Primaria: Stephanie Kemna und Clara Heise spielten gleich mehrfach die sprichwörtliche Erste Geige.
Für eine abschließende (Be)wertung ist es aber noch zu früh – das passiert immer erst zur Langen Nacht der Kammermusik (in diesem Jahr am 19. August), wenn die Preise der Moritzburg Festival Akademie vergeben werden. Die Entscheidung dürfte schwerfallen, denn das Feld ist sehr ausgewogen, Favoriten sind bisher noch nicht sicher auszumachen. Ohnehin gilt es schließlich, die Leistung zu bewerten und nicht den Gefallen am Stück zu bekunden. Während Alexander Borodins Streichquartett Nr. 2 (Clara Heise, Birk Landaas, Suhyun Kim und Tamir Naaman-Pery) mit leuchtenden Farben beeindruckte, bewiesen Stephanie Kemna, Sophia Maiwald, Philipp Sussmann und Benjamin Lund Tomter in Franz Schuberts »Rosamunde«-Quartett bereits ein hohes Maß an Ausgewogenheit. Immer hoch im Kurs sind aber auch die Septette, Oktette und andere größere Ensembles. Mit Charles Gounods »Petite Symphonie« und einer vorzüglichen Sinfonie g-Moll von Gaetano Donizetti (beides für Bläser) gab es davon bereits bemerkenswerte Kostproben.
Andere kamen vom Weingut, von dem man den mitgebrachten Picknickkorb noch ergänzen konnte. Wieder einmal hatte Proschwitz Sonnenglück, was die Stimmung noch unterstrich.
Für die kommenden Tage ist ein Wetterumschwung angekündigt. Anders als für Proschwitz, wo es für den Park keine Alternative gegeben hätte, können die Konzerte der zweiten Moritzburg-Woche gegebenenfalls in der Kirche stattfinden.
16. August 2021, Wolfram Quellmalz