Göttliche Domspatzen und drei überzeugende Organisten

Silbermann-Tage feiern Abschluß

Zehn tolle Tage waren es, mit vielen Konzerthöhepunkten und über 3000 Besuchern – die meisten Konzerte waren ausverkauft. Gestern gingen die Silbermann-Tage mit einem Konzert im Dom St. Marien in Freiberg zu Ende. Mit dabei waren neben dem Schirmherrn, dem Sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, vor allem die drei Preisträger des aktuellen Jahrgangs sowie die Regensburger Domspatzen.

In einem starken Finale des XV. Internationalen Gottfried-Silbermann-Orgelwettbewerbes – es hatte in diesem Jahr trotz (oder wegen) C. einen Anmelderekord gegeben – wurden schließlich zwei 2. und ein 3. Preis vergeben. In umgekehrter Reihenfolge spielten im Abendkonzert zunächst Johannes Friederich (Deutschland, 3. Platz) an der kleinen Silbermannorgel des Doms Georg Böhms Praeludium in g – nicht nur hier hätte man sich zu dieser gediegenen Andacht eigentlich noch die dazugehörige Fuga gewünscht. So wie bei Sebastian Heindl (Deutschland, 2. Preis), der als letzter der drei Johann Sebastian Bachs Toccata F-Dur aus BWV 540 ohne die Fuge spielte. Der »Verlust« wird sich verschmerzen lassen, denn die Erfahrung zeigt: Preisträger kommen wieder. Laurens de Man zum Beispiel, der Gewinner von 2019, war in diesem Jahr auf Schloß Augustusburg zu erleben, schon im Oktober kommt er wieder, wenn das Heinrich Schütz Musikfest am 10. Oktober im Zeitzer Dom gastiert. Sebastian Heindl beeindruckte mit einer fein ausgearbeiteten Darstellung, die sich aus einer zurückgenommenen Stimmung in ein ausdrucksstarkes Finale steigerte, und mit einem  emotionalen, emphatischen Dankeswort, in dem er zu Toleranz und Offenheit aufrief. Zuvor bereits hatte Afonso Torres (Portugal, 2. Platz), wie Sebastian Heindl an der großen Silbermannorgel, ein ausgesprochen feines »Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr‘« (BWV 662) angestimmt – alle drei sollten und wollten wohl mit der verfügbaren Übermacht der Orgel nicht den bestehenden Eindruck »wegblasen«.

Denn diesen [Eindruck] prägte ein sagenhafter Knabenchor. Während Chöre generell unter den Pandemiebeschränkungen leiden, hat Domkapellmeister Christian Matthias Heiß seine Regensburger Domspatzen in einem bestmöglichen Zustand erhalten oder diesen bereits wieder hergestellt. In einem ebenso konzentrierten wie abwechslungsreichen Programm boten die Knaben mit Hingabe Alessandro Scarlatti und Heinrich Schütz dar, Johann Pachelbel und Anton Bruckner – dessen Locus iste sorgte für Gänsehaut (nicht zum einzigen Mal an diesem Abend). Die gesungenen Titel waren klug in Dreiergruppen gefaßt, die jeweils von Orgelpräsentationen, der Pause und der Preisübergabe unterbrochen wurden. Die Leistung der Domspatzen war ganz außerordentlich, denn ob nun Deutsch, Latein oder Kirchenslawisch (Peter Tschaikowsky »Cherubinischer Gesang« Nr. 3) – die Verständlichkeit war exzellent, die Interpretation hervorragend. Und ob nun die Männer- bzw. Knabenstimmen allein oder der gesamte Chor – der Eindruck war schlicht hinreißend! Mit Waldemar Åhléns »Sommarpsalm« gab es auch einen Titel der in seiner volkstümlichen Prägung verdächtig ins Erzgebirge »paßte«.

13. September 2021, Wolfram Quellmalz

Die nächsten Silbermann-Tage finden Anfang September 2023 statt. Mehr dazu unter: silbermann.org/silbermann-tage/

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