Festlicher Auftakt

Erste Kreuzchorvesper des neuen Schuljahres

Innerhalb weniger Tage müssen die Kruzianer – wie an jedem Schuljahresbeginn – in die gewohnte Form finden. Und dabei – auch das ist in jedem Jahr so – eine teilweise Erneuerung vollziehen. Die Abiturienten des letzten Jahrgangs, die wichtige Stützen des Chores waren, sind gegangen, dafür rückt eine neue Generation Viertklässler nach, die integriert werden muß. Allen Widrigkeiten zum Trotz ist es Kreuzkantor Roderich Kreile und der Leitung des Kreuzchores gelungen, neunzehn neue Knaben für den Chor zu gewinnen. Sie durften zur Begrüßung, in einer langen Reihe stehend, ein »Danket dem Herrn« anstimmen, was wirklich berührend gelang. Die Freude war groß, spricht sie doch für ein Bedürfnis zu Singen einerseits, und für eines nach Kultur andererseits. Die Aussichten sind also offenbar gut.

Zu tun gibt es dennoch viel, denn daß der Kreuzchor derzeit (noch) nicht in der gewohnten Verfassung ist, war deutlich zu spüren. (Allerdings hatte sich dieser Anschein auch schon in der letzten Vesper des alten Schuljahres ergeben.) Homogenität und Klarheit sind bei weitem nicht auf dem gewünschten Niveau, auch trat der Chor im gesamten Erscheinungsbild recht unruhig auf. Das mag hier wie Gemecker klingen, darf aber gerade mit dem Blick auf die Zukunft nicht übersehen werden – der Name Kreuzchor verpflichtet eben auch, er steht für ein Niveau, für Weltklasse. In den kommenden Monaten liegt noch viel Arbeit vor Roderich Kreile, der die Jungs und jungen Männer wieder in ein normales Chorleben mit ihren vielen Aufgaben bringen möchte.

Die feierliche, freudige Stimmung war bei so viel Neuanfang und hoffnungsvoller Erwartung ungetrübt. Kreuzorganist Holger Gehring hatte mit einem Introitus den Einzug begleitet, Superintendent Christian Behr wandte sich – wie der Kreuzkantor – ganz persönlich an den aus den Ferien zurückgekehrten Chor.

Mit Felix Mendelssohns »Jauchzet dem Herrn, alle Welt« begann das Programm mit einer Motette aus dem Kernrepertoire des Chores (sie ist aber auch ein Gradmesser, siehe oben). Darauf folgten Józef Świder (Cantus gloriosus) und Peter Tschaikowsky (Dostojno est), später noch Alessandro Scarlattis Exsultate Deo, innig-schön vorgetragen das gelungenste Stück der Vesper, und Charles Villiers Stanfords Justorum animae. Das schien insgesamt ein wenig zu vielfältig, abwechslungsreich bunt – hier hätte sich der Rezensent mehr Konzentration und Fokus gewünscht. Daß sich der Kreuzchor in vielen Stilrichtungen zurechtfindet, ist natürlich löblich, stärkt die programmatische Ausrichtung einer Vesper aber nicht unbedingt.

Superintendent Christian Behr legte sein Augenmerk einerseits auf die neu in den Chor gekommenen Knaben – als er vor neun Jahren in der Kreuzkirche begann, waren jene, die nun in der zwölften Klasse »angekommen« sind, die neuen Viertklässler gewesen – andererseits lenkte er die Aufmerksamkeit der Gemeinde auf den Wochenspruch »Alle eure Sorge werft auf Ihn, denn Er sorgt für euch« und darauf, wie man mit Krisensituationen umgehen kann – zwischen sorgenvoll und optimistisch gibt es viele Grade. Gab es auch früher schon, wie für den Dichter und Komponisten des Gemeindeliedes Georg Neumark, der den Dreißigjährigen Krieg miterlebte.

Daß den Kreuzchor keine musikalische Krise ersuche, soll nicht allein eine Sorge sein oder der Hoffnung überlassen bleiben, Chorleitung und Kreuzkantor haben einen aktiven Einfluß darauf du werden diesen nutzen. Praktisch wie theoretisch – zur Aufnahme bekam jeder Novize ein Buch, jedoch weder »Harry Potter« noch eines mit Abenteuergeschichten, sondern (natürlich!) eines über Harmonielehre und Musiktheorie, wie Roderich Kreile schmunzelnd anmerkte.

Mit der Geistlichen Chormusik »Verleih uns Frieden gnädiglich« (SWV 372) von Heinrich Schütz gab es am Ende einen positiven Ausblick, und schon am kommenden Sonnabend steht die nächste Kreuzchorvesper auf dem Programm.

12. September 2021, Wolfram Quellmalz

Weitere Informationen unter: http://www.kreuzkirche-dresden.de.

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