Perlen in Moritzburg

Festkonzert zum Gründungstag

Der 14. August 1993 markiert mit dem Beginn des Moritzburg Festivals einen denkwürdigen Tag. Es findet gerade zum 30. Mal statt (und wäre nach dem Hochzeitskalender mit den »Perlen« verbunden). Vor dem Festkonzert am Sonntag gab es als Überraschung von den Freunden des Festivals (Karin Meyer-Götz) 30 Sonnenblumen für den Chef.

Das Programm entsprach dem des Gründungstages, auch wenn die Besetzung eine andere war. Mit Mira Wang, Ulrich Eichenauer und Jan Vogler, der aber selbst nicht spielte, waren allerdings mindestens drei der damaligen Spieler anwesend. Doch das Weitergeben (an andere) ist ein Kennzeichen von Moritzburg.

Lucie Faggiani, Projektmanagerin des MBF, übernimmt vorrübergehend die 30 Sonnenblumen, die Jan Vogler, der Künstlerische Leiter, später von Karin Meyer-Götz überreicht bekommt, Photo: NMB

Zwar wird häufig Mendelssohn und Rossini eine (selektive) Nachfolge Mozarts zugeschrieben, aber es gibt auch zu anderen Komponisten Parallelen. Antonín Dvořák etwa heiratete – wie Mozart – nicht die Frau, die er ursprünglich liebte, sondern deren Schwester. Das allein mag noch nichts Besonderes sein. Was Mozart und Dvořák verbindet ist, daß sie ihre Frauen nicht als »Trostpflaster« sahen, ihnen in Liebe zugeneigt blieben, und das Verhältnis zu den Schwägerinnen offenbar unbelastet blieb. Das läßt durchaus auf eine Lebenssicht schließen, die man auch in den Werken der beiden Komponisten wiederfinden kann.

Die Streichquintette Nr. 3 von Wolfgang Amadé Mozart (KV 515) und Opus 97 von Antonin Dvořák verbindet über die Besetzung mit zwei Violen hinaus aber auch eine unverwechselbare Idiomatik und ein heller, freundlicher, lebenszugewandter Klang.

In Mozarts sonnigem Stück spiegelten sich mit Mira Wang und Nathan Meltzer (Violine), Matthew Lipman und Ulrich Eichenauer (Viola) sowie Harriet Krijgh (Violoncello), reiz- und geistvoll die Stimmen vor allem von erster Violine und Violoncello, später von Violine und Viola. Matthew Lipman ist nicht nur stets gut aufgelegt, sondern auch ein flexibles Bindeglied in den Ensembles, welches wesentlich zum Korpus eines Quartetts oder Quintetts beiträgt! Mira Wang wiederum, die oft sehr präsent ist, früher dabei manchmal eine Deutlichkeit mit Schärfe entwickelte, war wohl noch nie so luftig zu hören wie bei diesem Mozart!

In Ludwig van Beethovens Klaviertrio Es-Dur Opus 70 Nr. 2, dem Schwesterwerk des »Geistertrios«, tummeln sich Schimären wohl nicht minder als in der Nr. 1. Mit Lise de la Salle (Klavier) war dabei gleich noch ein Moritzburger Schmuckstein zu hören und eine Pianistin, die in Wandelbarkeit und Anpassungsfähigkeit enorm dazugelernt hat. Zudem kann sie sich scheinbar beliebig auf ihre Partner (Kevin Zhu / Violine und Guy Johnston / Violoncello) einstellen – fabelhaft! (Man mag sich Moritzburg gar nicht mehr ohne die Normannin vorstellen.) Das geisterhafte Schattenspiel, in dem sich Klavier und Cello verbanden und über dem die Violine schwebte, geriet um so verzückender.

Unverkennbar Dvořák war schon der Anfangsakkord des Streichquintett Es-Dur mit Nathan Meltzer und Mira Wang (Violine), Matthew Lipman und Vladimir Babeshko (Viola) sowie Harriet Krijgh. Erneut war Matthew Lipman das Bindeglied, denn: wie bei Mozart haben die übrigen Streicher im Fall von Soli oder Duetten aus ihrer Mitte mehr zu bieten als eine simple Begleitung. Dieser Dvořák vibrierte nicht nur im Tremolo, er sprühte vor Lebenslust und Spannung!

Jan Vogler hatte zu Beginn darauf verwiesen, daß das Schloß mittlerweile auf eine 300jährige Geschichte zurückblicke. Das Moritzburg Festival habe also bereits an zehn Prozent daran teil. Zwanzig wären doch schön, fügte er an. Mit dem Alter des Schlosses wachsen aber auch die Prozente – zwanzig Prozent Geschichtsanteil am Schloß würden das Moritzburg Festival erst 2054 erreichen. Gute Aussichten …

15. August 2022, Wolfram Quellmalz

Das Moritzburg Festival findet mit öffentlichen Proben, Konzerten und Lesungen noch bis zum Wochenende statt. Mehr Informationen unter: http://www.moritzburgfestival.de

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