Aufführungsabend der Staatskapelle Dresden am 29. April
Das goldene Händchen
Ein vielversprechendes Programm mit Mozarts Sinfonie Nr. 25 in g-Moll KV 183, Antonin Dvořáks Romanze für Violine und Orchester op. 11 sowie Béla Bartóks Divertimento Sz 113 hatte zahlreiches Publikum angelockt, weshalb der 3. Aufführungsabend der Staatskapelle Dresden bzw. des Tonkünstlervereins bereits seit Tagen ausverkauft gewesen war. Schon oft hatte sich ein Aufführungsabend als glückliche Begegnung des Orchesters mit einem neuen oder altbekannten Dirigenten erwiesen. Robin Ticciati, Michail Jurowski und Helmut Branny sind hier unter anderen besonders in Erinnerung geblieben.
Diesmal feierte mit Han-Na Chang ihr Debut am Pult, jedoch ist sie dem Orchester längst bekannt, denn als Cellistin war sie hier schon zu Gast und hat auch 1998 unter Giuseppe Sinopoli die Cello-Konzerte Joseph Haydns aufgenommen. Vielleicht lag es an dieser schon länger bestehenden Verbundenheit, vielleicht auch daran, daß sie als hervorragende Solistin nicht nur gelernt hat und »weiß«, sondern daß sie das Verständnis für Orchester und Solist selbst erworben hat – unter ihrer Leitung konnten sich die drei Werke des Abends besonders feinsinnig, musikantisch und melodisch entwickeln.
Gleich Mozarts Sinfonie, dieser Aufbruch, mit dem er wohl seine italienischen Erfahrungen in Töne umsetzte, enthielt all die Lebendigkeit und Belebung, die sich der Meister wohl gewünscht haben mag. Gleich mit dem erstem Satz wehte eine leichte italienische Brise durch die Semperoper, ganz leicht, verband sich aber auch vortrefflich mit dem traditionellen höfischen Menuett. So erschien das Frühwerk des jungen Mozart als mehrfacher »Eröffner«, des Konzertes ebenso wie seines (Mozarts) weiteren Weges, aber auch der Herzen, denen diese Musik unmittelbar zugeht. Warum? Weil hier nichts hinzugefügt oder »entschlackt« wurde, sondern Han-Na Chang das Werk erblühen ließ, ohne zu forcieren oder übermäßig zu betonen. Im Gegenteil – schon im Eröffnungsstück merkte man die gegenseitige Verbundenheit und das Verständnis zwischen Musikern und Dirigentin, die mit dezenten und eleganten Gesten leitete und Richtungen gab, sich aber auch zurücknahm, so es nicht zu bestimmen galt. Mozart tat dies gut, der sich auf diese Weise wunderbar entfalten konnte.
Und auch Dvořák tat dies gut. Kai Vogler trat hier als Solist auf, wieder mit der restaurierten Stradivari »Nummer 26«, und wie zuletzt beim Kammerabend mit César Francks A-Dur-Sonate vermied er auch diesmal übertriebenes Pathos. Im Gegenteil nimmt er sich, das heißt den Violinton, gerne ein wenig zurück, und diese Schlankheit tut gerade solchen Werken gut, die sonst leicht zerfließen oder romantisch »triefend« vorgetragen werden. Die Sanftheit und Gediegenheit in Ton und Führung verband sich glänzend mit dem Orchester, was dem Abend die beflügelnde Leichtigkeit erhielt.
Und dies setzte sich auch nach der Pause fort. Mit Béla Bartóks Divertimento wurde das Programm zwar ein wenig gewichtiger, doch der Divertimento-Charakter blieb gottlob erhalten, auch wenn das Stück insgesamt düsterer, beladener und weniger beschwingt erscheint. Doch mit Feinsinnigkeit musizierten hier Han-Na Chang und die Mitglieder der Staatskapelle jeden musikalischen Gedanken aus, entwickeln ihn. Diese Konzentration und Ruhe überträgt sich sogar aufs Publikum! Da bleibt nur zu hoffen, daß diese Partnerschaft eine Fortsetzung finden wird!
Wolfram Quellmalz