Leipziger Reinhold Quartett in der Semperoper

Am 23. März hatte das Dresdner Jacobus-Stainer-Quartett Mozart, Beethoven und Bartók im Gewandhaus zu Leipzig gespielt, gestern trat das Reinhold Quartett seinen Gegenbesuch im Rahmen des »Kammermusikaustausches« der beiden Häuser an und brachte Schubert, Glass und Smetana zu Gehör.

Die vier Mitglieder des Gewandhausorchesters begannen mit dem Streichquartett Nr. 12 von Franz Schubert, dem »Quartettsatz«, dem sie die Balance eines hervorragend eingespielten Ensembles gaben. Huschend, hauchend, dramatisch zugespitzt, aber auch – wie so oft bei Schubert – voller Lebensmut und -zugewandtheit, all dies legten Dietrich Reinhold, Tobias Haupt, Norbert Tunze und Christoph Vietz in diesen einen, sich selbst genügen müssenden Satzes. Wer so auf das Werk konzentriert ist, kann auf Übertreibung, Mimik und Gestik verzichten. Da liegt das Miteinander im Ton, auch wenn es (scheinbar) keinen Austausch gibt, um das gemeinsame abzustimmen.

Diesem Gipfelpunkt der Quartettliteratur ein vergleichsweise leichtfüßiges Werk Philipp Glass‘ gegenüberzustellen, ist natürlich gewagt, doch schon im ersten Satz laut türenschlagend den Raum zu verlassen (wie passiert), war gleichermaßen unangebracht wie ungehörig. Glass‘ Quartett »in fünf Sätzen« gehört der »minimalen Musik« an und kommt ohne gewohnte Strukturen daher. Trotzdem verzichtet der amerikanische Komponist nicht auf die überlieferte Praxis und bedient sich – beispielsweise in Form der Variationen – reichlich. Dabei schafft er auch gerne ein Ungleichgewicht und stellt den Violinen und der Viola das vereinzelte Cello gegenüber. Trotzdem klingt da manches simpel, wenn nicht gar belanglos (2. Satz). Erst am Ende gewinnt das Quartett an Energie und Interesse. So darf zum Schluß noch einmal das im ersten Satz variierte Thema zurückkehren.

Mit Bedřich Smetanas 1. Streichquartett wurde dem nach der Pause aber noch ein schwergewichtiges Werk entgegengesetzt. Volkstümliche Einfärbungen gehörten oft zu Smetanas Musik, und wenn er im zweiten Satz »Allegro moderato à la Polka« schreibt, darf es auch gerne sehr nach Böhmen klingen. Auch dieses Quartett – dies verbindet es trotz allen Unterschieden mit Schubert – ist voller Lebensfreude und -zugewandtheit. Smetana blickt hier zurück und hadert wohl auch mit seinem (Lebens-)Schicksal. Gleich dem ersten Satz prägt er ein »Schicksalsmotiv« auf. Doch hindert dies nicht, auch fröhlich zurückzublicken. Das 1. Streichquartett als Lebensbilanz? Vielleicht… Auch hier vermied das Reinhold Quartett Überschwang und starke Betonung. Und so endet das Werk mit einer überraschenden Kehrtwende, still, ruhig, bedacht (friedlich).

Und auch der Abend erfährt noch eine Wende, als das Quartett als Zugabe die Walzerfolge Joseph Lanners spielt.

Wolfram Quellmalz

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