Am Sonntag trafen sich Musiker der Dresdner Philharmonie wieder einmal auf Schloß Albrechtsberg. Wie schon im April (damals im Quintett) hatten sie sich für eine ungewöhnliche Besetzung entschieden – Bläser und Klavier, keine Streicher. Fabian Dirr (Klarinette) und Philipp Zeller (Fagott) musizierten mit einem ihrer Lieblingsgäste, Christoph Berner, am Klavier. Nur zwei der sechs präsentierten Stücke waren für diese Besetzung geschrieben, alle anderen wurden angepaßt oder adaptiert.
Beiden Konzerthälften vorangestellt waren die Konzertstücke für Klarinette, Bassetthorn (diesmal Fagott) und Klavier Nr. 1 und 2 von Felix Mendelssohn Bartholdy. Meist werden diese Stücke heute in der (von Mendelssohn selbst angefertigten) Version mit Streichorchester gespielt und haben einen leichten Serenadencharakter, auch wenn Mendelssohns Einfallsreichtum einige Überraschungen schafft und nicht nur munterer Heiterkeit freien Lauf läßt. Selbst im Andante des 1. Konzertstückes überwiegt die Beseeltheit etwaige Melancholie. Vor allem aber hat Mendelssohn Stücke geschaffen, in welchen beide Solisten (in seinem Fall die Klarinettisten Joseph [Vater] und Carl [Sohn] Baermann) zeigen können, was sie vermögen. Die Brillanz ihrer Duette übertrugen auch Fabian Dirr und Philipp Zeller auf ihrer Instrumente, wobei die kleinere Formation, vor allem aber die »Umbesetzung« des Bassetthornes, für einen verschatteten, geheimnisvollen Klang sorgte.
Auch Michael Glinka, ein Zeitgenosse Mendelssohns, wurde mit zwei Stücken bedacht: seinem Sonatensatz für Fagott (im Original: Viola) und Klavier und (im zweiten Teil) seinem »Trio Pathétique«. Ganz anders hier, ohne Mendelssohns Leichtigkeit und noch einmal eine Stimmlage nach »unten« versetzt, kosteten Philipp Zeller und Christoph Berner die schwermütige Romantik des Sonatensatzes voll aus, und auch das Trio, von dem es auch formidable Einspielungen als »normales« Klaviertrio gibt, gab sich schwellend romantisch.
Diesen so unterschiedlichen Werken aus dem neunzehnten Jahrhundert hatten die drei Musiker noch solche des zwanzigsten hinzugestellt: Nino Rotas Klarinettentrio (im Original mit Cello) direkt vor der Pause und »Five Dance Preludes« Witold Lutosławskis als Bindeglied in der zweiten Konzerthälfte. Rotas Werk ist hier noch ganz den Romantikern verschrieben und stellt vor allem die Bläserstimmen heraus. Sehr modern wirkt es nicht, lebhaft jedoch in jedem Fall. So blieb es an Witold Lutosławski, den »Geist« des zwanzigsten Jahrhunderts zu betonen. In seinen fünf Stücken für Klarinette und Klavier zeichnet er fünf Stimmungsbilder und greift dabei Elemente der polnischen Folklore auf. Ob diese einfache Deutung hinreicht, sei dahingestellt, Fabian Dirr und Christoph Berner ließen die Tanzrhythmen auf jeden Fall mit viel Verve perlen.
Ein schönes Programm – schade nur, daß es keine Zugabe gab. Und natürlich wäre es auch schön gewesen, sich nicht über die ganze Zeit streng an die ungewohnte Besetzung zu halten (womit den Bläsern hier nicht ihr »Podium« abspenstig gemacht werden soll). Eine Gegenüberstellung, beispielsweise von Glinkas Sonatensatz in beiden Besetzungsvarianten, wäre doch auch einmal reizvoll!
Wolfram Quellmalz