Es war nicht allein ein Frühlingskonzert des Dresdner Kammerchores, sondern auch das Ergebnis einer Patenschaft. Den Nachwuchs zu fördern, Musik zu vermitteln und die soziale Wirkung des gemeinsamen Singens zu erfahren, war das Anliegen dieser Patenschaft, um die sich Schulen bewerben konnten. Ziel war es nicht, Spitzenchöre zu schaffen, sondern die Basis zu stärken. Zwischen Januar und Mai wurden Schulchöre von Mentoren aus den Reihen des Dresdner Kammerchores betreut, am Sonnabend war jener des Carl-von-Bach-Gymnasiums Stollberg in der Annenkirche zu Gast und sang auch im gemischten Chor mit den professionellen Kollegen.
Die Jahreszeit und das zweite Konzert am Sonntag im Rahmen der Landesgartenschau erzgebirgischen Oelsnitz legten Werke nahe, die den Themenkreis der Natur und des Frühjahres aufgreifen. Felix Mendelssohn Bartholdys Lieder »im Freien zu singen« gehören selbstverständlich dazu, aber auch Niels Wilhelm Gade, Joachim Raff und Ernst Rudorff haben hier umfangreiches beigetragen. Eine Komposition Rudolf Mauersbergers, der das Kirchenlied »Geh aus, mein Herz, und suche Freud’« aufgegriffen hat, rundete dieses Programm ab.
Der Gedanke des Singens im Freien läßt sich im Konzert natürlich nur bedingt nachempfinden (wenn es nicht, wie bei der leider zeitgleichen Veranstaltung »Dresden singt und musiziert« tatsächlich im Freien stattfindet). Der Dresdner Kammerchor nutzte den Raum der Annenkirche jedoch vortrefflich und bewies gleich in den ersten Liedern, daß er nicht nur sauber zu intonieren weiß, sondern der Gestaltung auch eine hohe Bedeutung beimißt. So folgte auf den »Frühlingsjubel« mit »Und dann nicht mehr«, beides Werke von Joachim Raff, gleich Gedanken an die Vergänglichkeit. Schon hier legte Leiter Hans Christoph Rademann Gewicht auf das leise Wort – mit »und dann nicht mehr« endete der Text, schien sich aber auch der Gesang aufzulösen. Dirigent und Chor nutzen jedoch nicht nur die leisen Töne, sondern formten auch kühne (Gades »Ritter Frühling«), fröhliche (Mendelssohns »Jagdlied«) und innige (Raffs »In Mondenglanz«). Dabei reichte die Palette der Kompositionen von ins Volksliedgut übernommenen Werken wie Mendelssohns »O Täler weit, o Höhen« bis zu kunstvoll ausgearbeiteten Stücken wie (ebenfalls Mendelssohn) »Frühlingsahnung« oder Mauersbergers noch um Chorsolisten erweiterte Geh-aus…-Bearbeitung.
Als gelungen kann man auch die Patenschaft mit dem Schulchor des Carl-von-Bach-Gymnasiums betrachten, was schon die dort erfahrene Bereicherung rechtfertigt. Im Konzert verstärkten die jungen Sänger zunächst in Mendelssohns »Morgengebet« den Dresdner Kammerchor, vor allem im abschließenden »O Täler weit…« wuchsen die beiden Chöre zusammen.
17. Mai 2015, Wolfram Quellmalz