Vocal Concert Dresden in der Kreuzvesper
Vor dem ersten Sonntag nach Epiphanias erklangen im Rahmen der Kreuzvesper Antonio Lottis Messa da cappella in A sowie Heinrich Schütz‘ Geistliche Chormusik »Es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes«. Im Gottesdienst am Sonntag folgten Motetten Lottis – wir feiern 2017 den 350. Geburtstag des Komponisten, der von 1717 bis 1719 Dresdner Kapellmeister gewesen ist.
Peter Kopp leitet auch mit dem Kreuzchor viele der Vesperveranstaltungen. Mit seinem Vocal Concert Dresden hat er 1993 einen international herausragenden Chor ins Leben gerufen und geprägt, dessen Strahlen nicht auf Kraft beruht, sondern von einem sinnfälligen Musikverständnis herrührt. Dies belegen ein harmonischer Gleichklang ebenso wie eine Ausgewogenheit von Ausdrucksmitteln und Aussage. Die emotionale Deutung folgt klar dem Text – die Verbindung von sinnlicher Musik und dem Gehalt der Worte ist gerade bei geistlicher Musik Grundlage für einen nicht zuletzt spirituellen Zugang.
Solches gelang gleich zu Vesperbeginn mit Heinrich Schütz‘ Chormusik SWV 371 ohne ein vorangeschobenes Stück. Mit den schwebenden Frauen- und den nachfolgenden Männerstimmen rückte das Vocal Concert à capella noch einmal die Erscheinungsverkündung ins Zentrum.
In der nachfolgenden Messa blieb ein Ruhegedanke erhalten, ein Besinnen. Begleitet allein durch die kleine Wegscheider-Orgel (Kreuzorganist Holger Gehring) und eine Violone (Norbert Schuster) strich Peter Kopp einzelne Textpassagen und Teile heraus, ohne den inneren Zusammenhalt des Werkes aufzugeben. Kleine Pausen schon zwischen den Eingangszeilen (Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison) galten der Betonung, ohne den Fluß des Werkes zu unterbrechen. Das »Leuchten« des Chores entsprang nicht der Emphase allein, es waren die runden, geradezu goldenen Stimmen, die ohne Schärfe zusammenfanden und von Hoffnung, Bitte, Ruhe und Frieden kündeten. Der lateinische Text blieb dabei, mit weich geformten Konsonanten, fabelhaft verständlich. Immer wieder waren es die kleinen Gesten, Betonungen, Pausen, welche den Text unterstrichen.
Zwischen den Teilen der Messe eingeschoben waren neben dem Wort zum Sonntag und dem Gebet ein Concerto F-Dur des Weißiger Komponisten Christian Petzold (1677 bis 1733), der unter anderem als Organist an der Sophienkirche tätig gewesen ist. Sein Concerto, eine Triosonate, für welche Holger Gehring an der großen Jehmlich-Orgel Platz genommen hatte, hellte das Programm mit freundlichen Tönen auf. Schon der Eingangssatz trägt seine Bezeichnung vivace zu Recht, aber auch im abschließenden Allegro fand Holger Gehring zu einer lebhaften Interpretation, die an Johann Sebastian Bachs Schwesterwerke, an heitere Stücke für Flötenuhren erinnerten. Was nicht hinderte, einen besonnen Ton des Werkes zu finden. Das Adagio beispielsweise verkündete einen Gedanken im Oberton, der immer weiter aufsteigt.
15. Januar 2017, Wolfram Quellmalz