- Begegnung der Künste
Am Sonnabend begann im Lichthof des Albertinums der neue Jahrgang der »Begegnung der Künste«. Es ist schon der fünfzigste, und er hielt eine Neuerung bereit, denn die Begegnung von Bildender Kunst, Literatur und Musik wurde erstmalig um das Element des Tanzes erweitert. Der italienisch-österreichisch-deutsche Bildhauer Ernesto de Fiori (1884 bis 1945) hatte 1922 der Reihe seiner Portraits berühmter Persönlichkeiten, zu denen auch Beniamino Gilgi und Marlene Dietrich gehörten, eines der schwedischen Tänzerin Carina Ari (1897 bis 1970) hinzugefügt – ein Stuckabguß des Tonkopfes war Ausgangspunkt des Abends, der um zwei Texte mit Bezug auf den Tanz und vier Musikteile ergänzt worden war.
Florian Mayer (Violine) und Katja Erfurth (Tanz) stellten eine sinnfällige Verbindung zur Abbildung der Tänzerin dar und bezogen den Kopf sogar in ihre Interpretation ein. In ihren Improvisationen gaben sie unterschiedliche Aspekte des Tanzes wider, zunächst, als Einleitung, im Stile einer Phantasie. Hier verbanden sich romantische Weite und licht Freiheit der Musik mit Bewegung – sowohl des Körpers, aber vor allem als Erkundung des Raumes. Viel impressionistischer, in sich gekehrter dann der zweite Teil, in dem Florian Mayer und Katja Erfurth Rücken an Rücken begannen und ihre Position kaum veränderten. Die Musik suchte nach dem schwebenden Ausdruck des Gefühls, zu der figurative Gesten Bewußtseinszustände formulierten – Kontakt aufnahmen, nach Regen schauten oder schlicht verschiedene Formen der Körperspannung darstellten.
Dem setzten Florian Mayer und Katja Erfurth im dritten Stück die Symbolik der Zeichen- und Gebärdensprache entgegen. Als Duett mit Schattenrissen umtanzte Katja Erfurth hier de Fioris Meisterwerk, fügte den klaren Kontrasten von Yin und Yang klassische Ballettelemente hinzu. Die Musik führte in eine Moderne, die mit alten Formen spielte, als lachte ein folkloristisches Motiv Bartóks darin auf. So konnte man raten, welches Ausdrucksmittel nun noch fehlte – Musiker und Tänzerin beendeten ihre fein aufeinander abgestimmte Darbietung noch einmal figurativ, aber expressionistischer. Wie zu Beginn der Bewegung gewidmet, trat der Raum jedoch hinter den Körperausdruck zurück, der Schreiten und Drehungen darstellte.
Der Rahmen verlieh dem Abend einen symbiotischen Charakter. Viele der künstlerischen Elemente konnte man in Astrid Nielsens Vortrag wiederentdecken. Die Konservatorin der Skulpturensammlung führte nicht nur zur Entstehung des Werkes und den Lebensläufen der Künstler ein, sondern auch zur Geschichte des Balletts.
Waren hier durchaus direkte Bezüge zu entdecken, erkundete Thomas Eisen vom Staatsschauspiel in den beiden Lesungen »Pont und Anna« von Arnold Zweig sowie »Der fromme Tanz« von Arnold Zweig noch andere Milieus: die des in die Tänzerin Anna Mareschal verliebten Architekten Laurenz Pont und die Welt der Berliner Bohemiens, wie sie ein junger Dichter erlebt. Eine Darstellung von Charakteren auch hier – wie beim Tanz.
22. Januar 2017, Wolfram Quellmalz