Kammerkonzert der Philharmonie
»Oboenphantasien« ist der Kammerabend der Philharmonie auf Schloß Albrechtsberg überschieben, nur zwei der vier Werke mit Oboe waren jedoch ursprünglich für dieses Instrument geschrieben: Francis Poulenc, mit dem das Konzert begann, widmete ihr 1962 eine Sonate, die noch an ein klassisches Format angelehnt ist, Malcom Arnolds »Fantasy for Oboe« Opus 90, nur vier Jahre später entstanden, prägt dagegen die Präsenz einer modernen, extravaganten Klangentfaltung.
Der Klang ist überhaupt wesentlich bei diesem Instrument, kaum eines ist gesanglicher. Diesem besonderen Ton war denn auch Poulenc gefolgt, hatte statt klassischer Strenge aber einen freien Umgang vorgezogen, was seine Sonate eher in die Nähe der Phantasiestücke bzw. Romanzen von Robert und Clara Schumann rückt. Johannes Pfeiffer ließ seine Oboe aber nicht nur singen, sondern plaudern. Im Dialog mit Pianistin Ryoko Taguchi pflegte er einen charmanten Erzählerton, gestaltete gerade die »Konsonanten« weich und geschmeidig, der zweite Satz (Scherzo) war voll keckem Witz. Zunehmend von Vokalen erfüllt war die »Totenklage« des letzten. Nicht nur hier legte das Klavier die Begleiterrolle ab und übernahm die zweite Singstimme.
Oder wurde zum zweiten Erzähler. Denn so wie Johannes Pfeiffer fein artikulierte, spielte Ryoko Taguchi zwischen den Werken mit Oboe nicht minder rhapsodisch die dritte und vierte Ballade Frédéric Chopins mit erzählerischer Leichtigkeit. Sie wahrte dabei den kultivierten Ton des Salons, steigerte sich in furiose Finale, blieb aber beim angemessenen Vortrag – kein zu wildes Überborden.
Von besonderem Reiz und innerer Verbundenheit sind die beiden Werke Robert und Clara Schumanns. Zwar sind die ersten Stimmen der Opus 73 (Robert) und 22 (Clara) eigentlich für Klarinette oder Cello bzw. Violine geschrieben, doch gehören die Adaptionen gerade im Fall der Phantasiestücke längst zum Kernrepertoire der Oboisten. Es dürfte mit ihnen kaum weniger Einspielungen bzw. Aufführungen geben als mit der Originalbesetzung.
Immer wieder fiel der weiche Einsatz auf, mit der Johannes Pfeiffer sein Spiel aufnahm. Frei strömender Gesang, der nicht aneckt, der sich entfalten kann, sich an die Klavierstimme anschmiegt – wunderbar! Nur der Schluß von Robert Schumanns drittem Satz geriet ein wenig hastig.
Ein wahres Schau- bzw. Hörstück ist Malcom Arnolds »Fantasie«. Für den Wettbewerb gedacht, hat das vierminütige Werk jede Menge Vorführeffekte, eine Verkettung von Trillern und Tonskalen mit ungewöhnlichem Klang. Reich an solchen, aber mehr auf die Wirkung als das Vorführen bedacht, ist Maurice Ravels Sonatine für Oboe und Klavier. Auch er griff das Singen und Erzählen von Schumanns Phantasiewelt auf, bereicherte es aber mit den Farben des Impressionismus.
Nicht erst bei Clara Schumanns Leidenschaftlich schnell hatten man sich fragen können, ob es nicht einen Originaltext für das Stück geben müsse. Derlei Gedanken lagen nicht fern, passend dazu wählten die beiden Musiker ihre Zugabe: die Bearbeitung einer Bearbeitung: Robert Schumann hatte Felix Mendelssohns Lied ohne Worte Opus 1 Nr. 1 in eine Fassung für Violine und Klavier übertragen.
16. Oktober 2017, Wolfram Quellmalz