Staatskapelle und Christian Thielemann mit zweitem Teil des zweiten Sinfoniekonzertes
Die Sinfonien Robert Schumanns stecken voller Ideen und Leben, die Sächsische Staatskapelle zündete das Gesamtfeuerwerk aller vier Werke in ihrem zweiten Sinfoniekonzert, welches am Mittwoch und Donnerstag abgeschlossen wurde. Das umfangreiche Programm fordert viele Solisten, und so setzte Christian Thielemann – wie schon am Wochenende – auf die Beständigkeit des Wechsels und spielte die beiden Sinfonien des Abends mit jeweils anderer Bläserbesetzung – ein Kniff, der wohl weniger in der demokratisch-gerechten Verteilung begründet lag als in der Verteilung der Belastung und der Qualität der Aufführung. Immerhin geht das Orchester in den nächsten Tagen mit dem Schumann-Programm auf eine umfangreiche Asien-Tournée.
Auf 1 und 2 folgten also 3 und 4, Opus 97 in Es-Dur und Opus 120 in d-Moll, die »Rheinische« vor der Pause. Frisch schäumte sie los, und ob nun Rhein oder Elbe – die Frische des unverwässerten Gedankens war tragend, mitreißend von den ersten Takten an, in die sich erste und zweite Violinen hochjubelten, von fröhlichen Hörnern unterstützt. Hier den Überblick nicht zu verlieren, den fröhlichen Tumult nicht zur Berstgrenze ausarten zu lassen, braucht es das rechte Maß. Es verwunderte nicht, Christian Thielemann mit eher kleinen Gesten leiten zu sehen – viele der Anweisungen eines Dirigenten sollten Erinnerungen und Bekräftigungen dessen sein, was man in den Proben gemeinsam erarbeitet hat, »Antrieb« oder »Bremse« bedarf es eher selten.
Sanft und beruhigt folgte der zweite Satz, der seine Spannkraft aus dem Baß zog, der – unterschwellig und mit federnder Pauke – den Liebreiz stützte. Eine neu erweckte Fröhlichkeit folgte, getragen von den Holzbläsern, auf denen diesmal die Streicher ruhten (nicht umgekehrt). Von hier nahmen Schumann und Thielemann Anlauf, erklommen in Stufen wachsender Spannung das feierliche Finale, ließen Posaunen im majestätischen vierten Satz prickeln, bevor sich die sinfonischen Soli im letzten entluden.
Die Spannung war wie schon am Wochenende förmlich im Hause zu spüren. Draußen und drinnen hörte man vorab Bläser proben, und auch nach der Pause stürmte Christian Thielemann ans Pult – den Schwung gab er als Impuls der Musik mit.
In der vierten Sinfonie zeichnet Robert Schumann ein zunächst gegensätzliches Bild, dunkel und bedächtig, doch die Hörner »schaukelten« die Stimmung schnell nach oben. Ein Höhepunkt war die Romanze des zweiten Satzes mit dem lyrischen Solo von Konzertmeister Roland Straumer, dem Norbert Angers umwerfend singendes Cello alsbald folgte. Wehmütig ergab sich der Satz in einer Eleganz, aus der schließlich neu drängende Spannung erwuchs. Das Scherzo fand Christian Thielemann zwischen burleskem, tänzerischen Charme und zartem Widerhall. Mit einem schimmernden Fagott ging es hinüber zum vierten Satz, der wie Licht in den Saal der Semperoper brach. Noch einmal steigerte sich die Spannung in Stufen mit großer Lebhaftigkeit. Das Orchester und sein Dirigent wirkten danach kein bißchen erschöpft, eher erquickt – sie werden doch nicht im Rhein gebadet haben?
18. Oktober 2018, Wolfram Quellmalz