Stuttgarter Kammerorchester in der Dresdner Frauenkirche
Manche Ensembles kommen fast jedes Jahr in die Frauenkirche, was den Vorteil birgt, daß sie den akustischen Raum im Laufe der Zeit immer besser kennenlernen und sich darauf einzustellen vermögen. Das Stuttgarter Kammerorchester gehört zu diesen Ensembles, wobei es sonst oft mit einem Solisten als »Zugpferd« anreist. Es geht aber auch ohne, wie man sich am Sonnabend im Konzert wieder vergewissern konnte, selbst auf ihren Leiter Matthias Foremny verzichteten die Stuttgarter und stellten sich ganz unter die Führung von Konzertmeisterin Susanne von Gutzeit.
Hinsichtlich des Spielens und der Auslotung des Raumes erfüllte das Kammerorchester denn auch alle oben gesetzten Hoffnungen, ja – übertraf sie sogar. Denn die Musiker hatten nicht nur im akustisch günstigeren Raum in der Mitte des Kirchenschiffes Aufstellung genommen, sie bauten in der Pause sogar die Podeste um, so daß sie nach Mozart (Celli rechts) in symmetrischer Aufstellung (Celli in der Mitte) spielen konnten. Dem Klang tat dies wohl, überhaupt kann man den Streichern eine feine Abstufung und klare Durchsichtigkeit attestieren.
Und damit beginnt das »Leider«. Denn leider war das Programm arg bunt und unterhaltsam, begann mit Mozarts »Eine kleine Nachtmusik« und endete bei Schönbergs »Verklärte Nacht«. Wie sich Joseph Lanners »Die Romantiker« und drei Stücke von Fritz Kreisler dazwischenmogelten, bleibt schleierhaft, denn es entbehrte ebenso eines roten Fadens wie eines persönlichen Zuganges des Orchesters. Schon Mozarts Serenade ist insofern gefährlich, daß sie allzuoft »abgenudelt« wird. Dies bunte Programm mag manche Touristen angelockt, aber eben auch manche Musikfreunde ferngehalten haben. Wer von beiden mag wiederkommen, wenn er damit rechnen muß, daß beharrlich zwischen den Sätzen applaudiert wird?
Dabei ließ die Qualität der Aufführung kaum Wünsche offen, denn ohne einen Originalklang anzustreben konnten die seidigen Streicher sehr gefallen, vor allem, weil sie es deshalb noch lange nicht an Struktur vermissen ließen. Mozarts Evergreen erklang sehr luftig, spritzig, konnte mit einem federnden Menuett auftrumpfen und verlor vor allem in der Romanze nicht die Spannkraft.
Noch mehr beeindruckte das Stuttgarter Kammerorchester bei Arnold Schönbergs »Verklärte Nacht« in der Orchesterbearbeitung, welche gegenüber dem originalen Sextett kaum an Klarsichtigkeit verlor. Geradezu plastisch formten die Musikerinnen und Musiker die Teile aus, ließen die Themen in Viola und Violoncello wunderbar singen und machten neugierig auf diese Musik, die zum Verführen gereicht hätte. Ein wenig mehr Text zum Werk oder gar Richard Dehmels Gedicht hätte man sich da ebenso im Programmheft gewünscht wie die Orchesteraufstellung.
Zwischen diesen Vertretern der beiden Wiener Schulen, »eingebettet« kann man hier kaum sagen, erklangen die ebenfalls Wiener Stücke, die Susanne von Gutzeit mit »something different« ankündigte. Hübsch waren sie, ja, auch Fritz Kreislers »Liebesleid« und »Schön Rosmarin« – anderswo sind das launige Zugaben. Joseph Lanners »Die Romantiker« schienen gerade im Kontrast nach Mozart und ohne Bläser und Pauken recht weich.
Gut eineinhalb Stunden waren dies nur, keine Zugabe – enttäuschend.
24. Februar 2019, Wolfram Quellmalz