Letzter Aufführungsabend der Staatskapelle vor der Sommerpause
Beim vierten und letzten Aufführungsabend gestern gab es noch einmal ein Debüt: Giedrė Šlekytė, eine gefeierte Dirigentin, übernahm zum ersten Mal ein Konzert bei der Sächsischen Staatskapelle. Die Voraussetzungen schienen gegeben, immerhin ist Šlekytė auch bereits mit dem Opernfach vertraut – jenem Metier, das wesentlich ist für die Staatskapelle.
Zunächst schien sich die Dirigentin noch heranzutasten. Jukka Linkolas »Winds« für Streichorchester war vielleicht noch nicht das Werk, um bei Orchester oder Publikum Eindruck zu hinterlassen. Aus einem Viertonmotiv wachsend, entwickelt das Stück zunächst in Variationen Ableitungen, doch statt einer (strengen) strukturellen Verarbeitung gleitet das Werk später in szenische (fast filmische) Sequenzen. Auf eine an Schostakowitsch erinnernde Verdichtung folgen Streichervokalisen (Violinen) vor einem dunklen Hintergrund – passabel und sauber umgesetzt.
Wolfgang Amadé Mozarts Violinkonzert D-Dur (KV 218) bedeutete somit eine Reizsteigerung. Solist aus den eigenen Reihen war Tibor Gyenge. Sonst stellvertretender 1. Konzertmeister, stand er nun vor den Kollegen und zeigte eine schlicht superbe Leistung! Mozarts Raffinesse lag nicht allein im Einfallsreichtum der Melodien oder oder der Instrumentierung, sondern in den Feinheiten, mit denen sich Stimmen durchweben, in denen der Solist hervortritt. Feinheiten in Phrasierung und Vibrato sind – wenn man sie beherrscht – eine Bereicherung, ohne daß man sie effektvoll betonen muß. Tibor Gyenge hat dies gelernt, kann aus »historisch informiert« und »traditionell« das formen, was lebendige, luftige, farbenreiche Musik ist – himmlisch! (Wie schade, daß er keine Zugabe anfügte.)
Um so wichtiger, daß sich Gyenge mit der Dirigentin »traf«, welche dem Orchester dieselbe Luftigkeit gestattete. Ohne Leichtigkeit kein Esprit, lautet die Regel, und der Kapelle muß man Mozart mit Sicherheit nicht erklären oder gar »einpeitschen«.
Ganz luftig ging es auch weiter mit Georg Bizets Sinfonie Nr. 1. Darin fanden sich Kolorit und rhythmischer Schwung, manche kräftigen Kontraste, die Giedrė Šlekytė mit Blechbläsern und Pauken noch betonte. Das war »knackig« und erfrischend! Insofern bewies die Dirigentin ein gutes »Händchen«, daß sie den Werken nichts aufoktroyierte, sondern die Musik freizulassen schien. Somit ergaben sich erhellende Momente, wenn die Holzbläser (nicht nur die Solooboe, sondern das ganze Quartett), »leuchteten«. Einfach herrlich!
2. Juli 2019, Wolfram Quellmalz