Violinisten und Bratschisten zeigten Extraklasse

Internationaler Szymon Goldberg Wettbewerb in Meißen

Zunächst hatte der ursprünglich für Mai geplante Szymon Goldberg Wettbewerb verschoben werden müssen, nun fügten sich Organisation, Können und letztlich auch Glück optimal ineinander. Denn der wiedererwachende Kulturbetrieb und der »Hunger« von Teilnehmern (und Publikum) nach Kultur, nach Auseinandersetzung mit Werken und Instrumenten, führte einerseits zu einem Teilnehmerrekord, andererseits konnte der komprimierte Wettbewerb in nur vier Tagen unbeschadet durchgeführt und beendet werden – kurz bevor der erneute Lockdown am Montag jedwede Bemühung dieser Art unmöglich macht. Für das Gros der Musikerinnen und Musiker bedeutet das eine ungewisse Zukunft, denn sie wissen nicht einmal, ob und wie sie weiterstudieren können. Daß sie dennoch so konzentriert und fokussiert beteiligt waren, dafür sprach Leiterin Prof. Annette Unger am Abschlußabend mit dem Preisträgerkonzert (Donnerstag) im Probsteisaal der Evangelischen Akademie Meißen allen Teilnehmern ihren Respekt aus.

Die Bewerber kamen aus Asien, Amerika und ganz Europa. Quarantäne- und Reisebeschränkungen führten am Ende nicht zu einer Reihe von Absagen, so daß am vergangenen Montag sagenhafte 40 (!) Violinisten und Bratschisten den Wettbewerb begannen. In der ersten Runde und im Semifinale qualifizierte sich jeweils die Hälfte für die nächste Etappe, so daß im Finale immer noch zehn Teilnehmer antraten, sie waren allesamt noch einmal im Abschlußkonzert zu hören. Anders als sonst mußte die Wahl des Publikumspreises allerdings entfallen (wie bei allen Musikfesten, die so einen Preis ausrichten). Der musikalischen Darbietung tat dies keinen Abbruch. Im Gegenteil gab es wieder erstaunliches zu erleben.

Charlotte Stickel zeigte mit »Nigun« aus Ernst Blochs »Baal Sheem«, wie gesanglich die Viola klingen kann. Sie hatte die Jury in allen drei Runden überzeugt und bekam dafür den 2. Preis in der Kategorie Viola / junior sowie ein Stipendium bei den austrian master classes zugesprochen. Stipendien tragen den nächsten Schritt gleich in sich, denn sie ermöglichen den Zugang zu weiteren Wettbewerben oder Meisterkursen und stellen gleichzeitig dessen Finanzierung sicher. Über ein solches Stipendium durfte sich auch Janni Jiosue Wiede (Violine / junior) freuen, Jou-I Chen (Violine / senior) erhielt ein solches für den nächsten Meisterkurs im Rahmen des Szymon Goldberg Wettbewerbes in Meißen.

Die großen Preise begannen mit Shaobo Zhang (3. Preis Violine / senior), der die Jury vor allem mit seiner Klangkultur beeindruckt hatte. Einen zweiten 3. Preis in der gleichen Kategorie gab es für Iseon Kim, der das Publikum mit Begleiter Michael Stöckigt und dem ersten Satz aus Wolfgang Amadé Mozarts Konzert KV 219 verzauberte. Noch mehr »Zauberkraft« hatte Minji Lee. Sie spielte im Preisträgerkonzert einen Satz aus Gabriel Faures erster Violinsonate und erhielt für ihre Wettbewerbsleistung den 2. Preis (Violine / senior).

Doch es ging noch besser, wie jene beiden Musiker zeigten, die gerade eben den Sprung ins Berufsleben geschafft haben: Elgun Aghazada ist Zweiter Konzertmeister beim Philharmonischen Orchester des Staatstheaters Cottbus. Das Scherzo (Johannes Brahms) aus der »FAE-Sonate«, wiederum mit Michael Stöckigt vorgetragen (Ehrenurkunde für den Klavierbegleiter) bewies nicht nur Feuer und Ausdruckskraft, Elgun Aghazada begeisterte das Publikum zudem durch seine fast Paganinische Künstlerpersönlichkeit. Von der Jury, die vor allem seine Virtuosität hervorhob, erhielt er schließlich einen 1. Preis (Violine / senior).

An die Spitze der Spitze schaffte es aber Kyoungjje Juliana Kim, die mittlerweile im Orchester der Robert Schumann Philharmonie Chemnitz spielt. Ihr 1. Preis wird noch dadurch veredelt, daß sie in allen drei Runden die Höchstpunktzahl erreichte – dafür gibt es laut Satzung den Großen Preis und Hauptpreis, den Szymon Goldberg Award 2020. Peter Tschaikowskys Valse scherzo, ihr Stück für das Preisträgerkonzert, hielt die Waage zwischen walzerseligem Schwelgen und heiterem Scherzo. Außerdem hatte sich Kyoungjje Juliana Kim den Sonderpreis für die Interpretation des Stückes eines Dresdner Komponisten erspielt.

Kim wird, wie auch Philipp Sussmann (1. Preis Viola / senior), außerdem die Gelegenheit zu einem Konzertauftritt bei der Schubertiade Schnackenburg bekommen. Da die Schubertiade in diesem Jahr ebenfalls ausfallen mußte, gibt es für die nächste Auflage mittlerweile eine ganze Reihe von Preisträgern des Szymon Goldberg Wettbewerbes, die dort eine Auftrittsmöglichkeit bekommen sollen. Man darf also beim nächsten Mal in Schnackenburg mit einer »Meißner Gala« rechnen!

31. Oktober 2020, Wolfram Quellmalz

Der nächste Internationale Szymon Goldberg Wettbewerb (der 13. dann) sowie die Meisterkurse der Internationalen Musikakademie Meißen e. V. sind bereits für den 8. bis 14. Februar 2021 geplant. Termine und weitere Informationen unter: http://www.goldberg-musik.com

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