Etwas für den bunten Gabentisch?

Ensemble Colorito

Coviello Classics, das Entdeckerlabel für Alte Musik, hat uns zum Ende des Jahres ein farbenprächtiges Album beschert: »Affetti musicali, Venetian Music of the Seicento« mit dem Ensemble Colorito. So farbenprächtig wie die Hülle ist auch die Musik, welche von Komponisten vor allem des 17. Jahrhunderts geschrieben wurde. Antonio Vivaldi, der noch lange bis ins 18. Jahrhundert wirkte und neben Marco Uccellini und Michelangelo Rossi einer der berühmtesten Vertreter der Aufnahme ist, bildet eine Ausnahme.

Sinfonie, Sonate, Concerti – die Zahl der Formen ist schon groß, in ihrer Individualität sind die italienischen Schulen, vor allem der Violine, des Violoncellos und des Gesang, schier grenzenlos. Selbst wenn es sich – wie hier – um ein reines Instrumentalensemble handelt, wohnt diesem bzw. der von ihm präsentierten Musik der Gesang inne. Nicht nur, wenn es sich, wie bei Marco Uccellini um die Aria sopra la Bergamasca handelt. Auch Giovanni Battista Buonamente dürfte eine Gesangsstimme vorgeschwebt haben, als er seine Sonata seconda a 3 violini schrieb. Steffen Hamm, Monika Nussbächer und Donata Wilken umschwärmen sich hier gegenseitig mit ihren Barockviolinen, von einem ausdrucksstarken Baß begleitet.

Gleich darauf erklingt mit Uccellinis Aria eine der bekanntesten (und oft zitierten oder variierten) Melodien der italienischen Barockmusik. Wenn die Sonate zuvor sanglich war, ist auch die folgende Aria quasi genreübergreifend, nämlich tänzerisch. Dario Castellos Sonata IV ergänzt dies gleich darauf noch um den vorwärtsdrängenden Impuls einer Passacaglia.

Die meisten der Werke sind in einem Satz geschrieben, aber dennoch mehrteilig gehalten, wechseln zwischen intro- und extrospektiven, andächtigen und virtuosen Abschnitten. Schon früh stellt man auch fest, daß der Baß bereits der reinen Continuo-Funktion enthoben ist und eine eigene, oft eine Gesangsstimme bekommt.

Antonio Vivaldi war nicht nur ein Erneuerer, er war ein Modernisierer der Musik. Sein Cellokonzert RV 401 ist geprägt von einem ausgefeilten konzertanten Stil, der Solo und Tutti gegenüberstellt, virtuose und elegante Passagen vereint. Und doch entsteht aus der Gegenüberstellung auf der CD im Kontrast kein Bruch, denn bereits Dario Castello hat Vivaldi vorgedacht, wie sich an seiner Sonata X, die dem Cellokonzert vorausgeht, ablesen (oder -hören) läßt.

Zweimal schweigt das Ensemble und überläßt es einem Solisten allein, den Zuhörer zu faszinieren. Beide Male tritt dabei ein Instrument aus der Continuo-Gruppe in den Vordergrund: in Michelangelo Rossis Toccata IX brilliert Ute Christina Riemer auf dem Cembalo, kurz vor dem Ende der Aufnahme sorgt Toshinori Ozaki auf der Theorbe bzw. Laute für ein kurzes Innehalten, bevor Francesco Turini mit einer Sonate a 3 secondo tuono eine ganz besondere Gesanglichkeit präsentiert.

Für einen würdigen Abschluß sorgt Biagio Marini mit zwei weiteren Sonaten. Auch bei ihm darf das Violoncello (Katrin Zieger) singen, schärfen Gegensätze Kontraste und Affekte, wird der ruhige Fluß einmal durch ein Flageolett-Tremolo aufgebrochen. So verbinden sich polyphone Würde, artifizieller Gestus und (wie in der abschließenden Sonate) volkstümlicher Melodienreichtum.

Mit »Affetti musicali « sorgt das Ensemble Colorito für einen farbenprächtigen Lichtpunkt in diesem Herbst.

Ensemble Colorito »Affetti musicali, Venetian Music of the Seicento«, Werke von Alessandro Stradella, Marco Uccellini, Dario Castello, Antinio Vivaldi und vielen anderen, erschienen bei Coviello Classics

bereits im Frühjahr erschienen: Martin Jelev (Oboe) und Antonius Adamske (Orgel): Gottfried August Homilius »Werke für Oboe & Orgel«, als CD und HD download

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