Neue CD von Ludwig Güttler
Ludwig Güttler gehört zu den besonders produktiven Künstlern. Zuverlässig gibt es von und mit ihm neue CDs, auch zur Weihnachtszeit. Manchmal neue Kompilationen aus älteren Aufnahmen, dann wieder neue Einspielungen, wie in diesem Jahr. »Sächsische Weihnacht« ist zuverlässig vorhersehbar, zumindest für jene, welche die entsprechenden Konzerte, die in der Dresdner Frauenkirche und der Pirnaer Marienkirche nach den Weihnachtstagen stattfinden, kennen. Denn ganz zu verankert, wie der Titel vermuten läßt, ist das Programm gar nicht.
Vielmehr ist es eine bunte Zusammenstellung traditioneller Titel und neuer Arrangements. Und es rückt vergessene Komponisten wieder ins Zentrum. So beginnt die CD standesgemäß mit einer Intrada. Vom Komponisten Valerius Ottos weiß man kaum mehr, als daß er der Sohn des Thomaskantor Valentin Otto war – des zehnten vor Bach.
Ludwig van Beethoven ist dagegen sicher bekannt. Seine Variationen schrieb er allerdings nicht über das Adventslied »Tochter Zion«, sondern auf das Thema aus dem ursprünglichen Chorsatz im Oratorium »Judas Maccabäus« von Georg Friedrich Händel. Hier nun sind fünf der Variationen für Blechbläserensemble eingerichtet. Dabei erscheint das Ensemble freilich einmal weniger als geschlossener Chor, werden doch die gesanglichen Girlanden des Cellos auf einzelne Solisten übertragen.
Zu hören gibt es vor allem eines: puren Blechbläserklang. Begleitende Streicher und Holzbläser gibt es nicht, auch keine Orgel, dafür aber zwei Pauken. Sie unterstreichen den Festglanz nicht nur mit Akzenten, sie dürfen sich ebenso solistisch präsentieren. Allemande und Courante für zwei Pauken sind Kompositionen des Ensembleleiters, der selbst dann präsent bleibt, wenn er gar nicht spielt. Nicht immer geht es nur groß und prächtig zu – Antonio Vivaldis Allemanda für zwei Blechbläserchöre schafft einen feinziselierten Kontrapunkt.
Viele der Werke sind ganz traditionell verankert, wie die Bearbeitung Johann Crügers »Wie soll ich dich empfangen« oder eine Partita über »Es ist ein Ros entsprungen« aus Sätzen von Michael Praetorius, Melchior Vulpius und William Brade. Später folgt eine weitere zu »Vom Himmel hoch« mit Sätzen von Praetorius, Bach und Johannes Eccard. Ein wenig beliebig scheinen die Zusammenstellungen aber doch, wie Johann Sebastian Bachs »Concerto C-Dur«, das sich auf Teile zweier Werke (Brandenburgisches Konzert BWV 1051 und Motette BWV 230) bezieht.
Die Tradition führt Ludwig Güttler weiter. Daher gehören drei Sätze aus den »Seven Madrigals on Negro Spirituals« (das dritte mit Glöckchenklang versüßt) von Adolf Busch ebenso zum Programm wie eine zeitgenössische Bearbeitung von »Joseph, lieber Joseph mein« von Gisbert Näther. Titel aus dem 16. und 17. Jahrhundert gehören aber selbstverständlich dazu, Entdeckungen gibt es bei Orindio Bartolini oder Bastian Chilese zu machen.
Der Applaus am Schluß entlarvt die Aufnahme als Konzertmitschnitt. Daher gibt es zwei Zugaben: zunächst den Marsch des Prinzen von Dänemark von Jeremiah Clark, ein Standard sozusagen, bis das Blechbläserensemble Ludwig Güttler für Franz Liszts »Christus ist geboren« schließlich fast alle Instrumente zur Seite legt und das Lied gesungen wird.
Dezember 2020, Wolfram Quellmalz
