Zelenkas Cäcilienmesse beim Zelenka Festival Praha

Ensemble Inégal und Dresdner Kammerchor zurück in der Annenkirche

Seit einigen Jahren besucht das Zelenka Festival Praha mit jeweils einem Konzert die Dresdner Annenkirche. Ins Leben gerufen vom Prager Ensemble Inégal um den Dirigenten Adam Victora waren bisher unterschiedliche Chöre als Partner einbezogen, seit 2017 jedoch gibt es bei der Zusammenarbeit im Zelenka-Projekt einen Schwerpunkt mit dem Dresdner Kammerchor von Hans-Christoph Rademann. Am Wochenende fand – nach einem Jahr Unterbrechung – das Abschlußkonzert wieder in Dresden statt.

Ensemlbe Inégal und der Dresdner Kammerchor (Leitung: Adam Victora), Photo: Dresdner Kammerchor

Nach Triosonaten (Ensemble Marsyas) und einem Orchesterkonzert (Orkestra Histoyczna) an den Vortagen sowie einer Konferenz in Prag stand in Dresden Zelenkas Missa Sanctae Caeciliae (ZWV 1) auf dem Programm. Das wunderschöne Werk, welches die fünf üblichen Teile einer Messe (Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus und Agnus Dei) umfaßt, ist keine Stunde lang, weshalb Adam Victora noch die dreiteilige Ouverture F-Dur vorangestellt hatte. Damit folgte er dem auch damals üblichen oder möglichen Muster – manche Komponisten der Zeit hatten ihre Werke von vornherein mit einer Sinfonia beginnen lassen. Vielleicht hätte der Dirigent diesem Gedanken noch konsequenter folgen sollen, denn ohne die Pause zwischen den Werken wäre der Eindruck intensiver, das Programm quasi »fließender« gewesen.

So nahmen der Dresdner Kammerchor (Einstudierung: Tobias Mäthger) und die Solisten (Gabriela Eibenová / Sopran, Jonathan Mayenschein / Alt, Samir Bouadjadja / Tenor, Martin Schicketanz / Baß) erst nach der Ouverture Aufstellung. In seinem Dirigat setzte Adam Victora auf Klarheit und Struktur, feilte in instrumentalen wie den Chorstimmen Feinheiten aus und sorgte bewußt für Schwebungen. So war das Orchester mit einem Violoncello und einer Viola da Gamba besetzt, die sich in der Begleitung der Solisten bzw. im Basso continuo manchmal trennten, oft aber die gleiche Stimmung spielten, was einen instrumentalen Zaubereffekt hervorruft. Für Betonungen und virtuosen Schmuck sorgten die Violinen um Konzertmeisterin Lenka Torgersen sowie die Oboen (Olga Kuznetsova und Tereza Samsonová) und Petr Budín am Fagott.

Der gewohnt sichere und klangschöne Chor war in den Stimmgruppen ausgewogen und bemerkenswert homogen – diese Balance hielt Adam Victora mit großer Umsicht, weshalb auch die Wechselwirkung mit den Solisten, ob nun einzeln, als Duett oder im Quartett, effektvoll und nachvollziehbar gelang. Jonathan Mayenschein wechselte dabei unmerklich (bzw. zum Wohlgefallen) in seiner Rolle als Solist zurück als sozusagen »assimilierter Chor-Alt«. All die Klarsicht und Balance geriet manchmal jedoch ein wenig nüchtern – vielleicht nicht »lockerer«, aber mit etwas mehr Freiraum und Spontanität hätte das Werk noch lebendiger wirken können. Während es dem Credo in unum Deum an Überzeugung und Lebensbejahung etwas mangelte, war das effektvolle Crucifixus von tiefer Trauer durchzogen, Et vitam venturi saeculi, Amen schien geradezu durchbebt – so emphatisch hätte das ganze Werk klingen sollen!

An Schönklang mangelte es sowieso bei weitem nicht. Der Chor markiert scheinbar vollkommen unbeeindruckt von Unwägbarkeiten weiterhin seine Spitzenposition, das ihm verbundene Solistenquartett war in seiner individuellen Stärke und dem gleichzeitig gegebenen einheitlichen (hohen) Niveau purer Luxus. Jonathan Mayenscheins Alt läßt die Zuhörer ohnehin manchmal »abheben«, in Zelenkas ZWV 1 betörte er aber nicht weniger im Duett mit dem traumschönen Tenor von Samir Bouadjadja. Dem Laudamus te verliehen die beiden Mondscheinzauber!

Mit dem Dona nobis pacem waren der Dresdner Kammerchor und das Ensemble Inégal schließlich dicht verschmolzen und formulierten den Friedenswunsch geradezu enthusiastisch. Dafür wurden sie vom Publikum entsprechend gefeiert und gaben dem mit einer Wiederholung (Cum Sancto Spiritu) gerne nach.

18. Oktober 2021, Wolfram Quellmalz

Das nächste Konzert des Dresdner Kammerchores findet ebenfalls in der Annenkirche statt. Am 9. November, 19:30 Uhr) gibt es »Musik der Nacht«,Werke von Maurice Ravel, Francis Poulenc, Darius Milhaud und Herman Berlinski im Gedenken an die Opfer der Pogromnacht 1938. Weitere Informationen: http://www.dresdner-kammerchor.de

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