Unter Kapellmeistern

Liedernachmittag zu E. T. A. Hoffmann im Garten des Carl-Maria-von-Weber-Museums

Das Carl-Maria-von-Weber-Museum oder schlicht »Weber-Haus« in Dresden Hosterwitz entfaltet seinen Reiz besonders dann, wenn es über die museale Präsentation hinaus (aktuell: zum 200. Geburtstag des Sohnes, des Eisenbahningenieurs und Literaten Max Maria von Weber) zum Leben erwacht. Regelmäßig an Sonntagen finden hier Konzerte statt, im Sommer gerne auch im Garten des Häuschens.

Am vergangenen Wochenende war das Wetter wieder einmal prächtig aufgelegt, Vogelgesang und hin und wieder das Horn eines Schaufelraddampfers sorgte für eine stimmungsvolle Atmosphäre, der Wind malte aus, was drinnen gesungen wurde. Denn an den offenen Fenstern saßen bzw. standen Mezzosopranistin Henriette Gödde und der Musikwissenschaftler Michael Schütze, der am Klavier und in der Moderation durchs Programm führte. Es war im Gedenken an E. T. A. Hoffmanns 200. Todestag (25. Juni) ganz der (Dresdner) Romantik hingegeben und so wurde manches sinnbildliche Rauschen in den Texten durch das Wehen des Windes noch unterstrichen.

Hoffmann hatte in Dresden eine Inspirationsquelle gefunden – die Stadt, das Schwarze Tor, das Theater des Linckeschen Bades und viele andere Orte sind in seinen Schriften verewigt. Doch Hoffmann war auch Komponist, Kapellmeister sogar (in Bamberg). Im Sonntagskonzert des Weber-Hauses traf er mit vielen anderen Kapellmeistern zusammen: der Hausherr Carl Maria von Weber hatte vor Dresden das Amt bereits in Eutin, Breslau und Prag versehen, Carl Gottlieb Reißiger wurde später Webers Nachfolger in Dresden, Louis Spohr war Kapellmeister in Frankfurt am Main und Kassel), Heinrich Marschner in Leipzig und Hannover (in Dresden »nur« Musikdirektor der Oper). Franz Schubert allerdings hatte sich mehrfach vergeblich um ein solches Amt bemüht.

Doch spielten die Wegmarken einer Karriere im Konzert weniger die Rolle, vielmehr die Bekanntschaft und der Kontakt der Komponisten untereinander und mit Textdichtern wie Johann Friedrich Kind und Friedrich Rochlitz. Neben Liedern und Opernausschnitten konnte man aus Briefen sowie zwei Lesungen (aus dem »Goldenen Topf« und über den Kapellmeister Johannes Kreisler) manches zu den Umständen erfahren, in denen die Künstler damals lebten (oder darüber, daß man anfangs »die Automate« sagte), vor allem aber fanden sich in den Liedern und Stücken nicht nur zaghafte Anklänge, sondern manch emotionale Aufwallung, wie in Carl Gottlieb Reißigers »Das Gefühl der ersten Liebe« oder dem verzagenden »Des Mädchens Sehnsucht« bei Louis Spohr, das sich nicht traut, der Mutter die »zehrende Glut« zu gestehen (und das so allein wohl kaum ihrer Sehnsucht nachgeben darf – also verdrängen?). Henriette Gödde vermochte den Liedminiaturen hier dank Opernerfahrung einiges Mitzugeben.

Doch nicht alles war Miniatur und nicht jede Aufwallung läßt sich nicht so einfach übergehen – spätestens bei Friedrich Rochlitz und Franz Schubert wuchs »Alinde« (D 904) zur balladesker Größe. Zu den Mitbringseln gehörte aber nicht nur die Automate, sondern auch der Satz aus einer Klaviersonate E. T. A. Hoffmanns – man hört solches kaum, und Michael Schütze wußte, weshalb: die Stücke sind ungeheuer schwierig und machen (im Verhältnis, man denke nur an Franz Liszt) zu wenig Eindruck.

18. Juli 2022, Wolfram Quellmalz

Das nächste Konzert im Weber-Haus gibt es schon kommenden Sonntag, bevor – diesmal am Sonnabend (30. Juli) – Jürgen Helfricht mit einem Vortrag zu Peter Schreier privat die Sommerpause einläutet. Weitere Informationen unter: museen-dresden.de

Schreiben Sie einen Kommentar

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Wechseln )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Wechseln )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Wechseln )

Verbinde mit %s