Austausch der Generationen

»Lange Nacht« der Moritzburg Festival Akademie

Für Besucher des Moritzburg Festivals gab es am Mittwoch die erste Gelegenheit, die diesjährige Festival Akademie auf der Schloßterrasse zu erleben. Für die Akademie war es allerdings längst nicht der erste Einsatz: Sie probt schon seit einigen Tagen und hatte neben den zur »Langen Nacht« präsentierten fünfzehn Kammermusikwerken (in unterschiedlichen Formationen) bereits zwei Orchesterprogramme einstudiert und seine Gastspielreise absolviert. Schon vor dem traditionellen Konzert im König-Albert-Theater Bad Elster am Sonnabend parallel zum Festivalstart in Moritzburg gab es am Freitag ein Konzert im Schloß Neuhardenberg (bei Berlin). Jan Vogler freute sich über den übergreifenden Austausch, denn neben dem Chefdirigenten (Josep Caballé Domenech) und der Akademiedirektorin (Mira Wang) hatten sich praktisch alle anwesenden Teilnehmer aus dem Hauptprogramm als Mentoren und Berater betätigt.

Ganz so lang wie in den ersten Jahren ist die »Lange Nacht« nicht mehr. Einmal, weil es nicht so viele Werke gab – statt vieler Stücke, auch kürzerer Sätze und Mehrfachbesetzungen, spielten die jungen Musiker diesmal konsequent fast immer die gewichtigen (und meist schwierigeren) Kopfsätze der Werke. An Abwechslung fehlte es dabei nicht, im Gegenteil wuchsen Dichte und Intensität, gerade in der zweiten Programmhälfte. Etwas bedauerlich ist, daß es keinen Preis mehr gibt. Dem Publikum hatte die Kür Freude bereitet, und auch für die Teilnehmer war es nicht unwichtig, schon deshalb, weil Moritzburg nicht irgendein Festival ist. Vielleicht kommt er doch wieder?

Die diesjährige Moritzburg Festival Akademie, Photo: NMB

Manche Formation war schon richtig gut, auch wenn man gerade bei dem »zugespitzten« Programm hier und da merkte, daß man ein veritables Ensemble eben nicht in wenigen Tagen perfekt einstudieren kann, daß sich Partner zunächst finden müssen.

Neben Beethoven, Haydn und Mendelssohn gab es in diesem Jahr auch Alberto Ginastera, Carl Nielsen und ein weiteres Mal Pavel Haas zu entdecken. Wirklich mutig war der Abschluß vor der Pause mit Alfred Schnittkes Serenade für Violine (Bilguun Bayartsogt), Kontrabaß (Catalina Paredes Castillo), Klarinette (Marlene Wendl), Schlagzeug (Eduardo Machado) und Klavier (Qiongdan Liang). Dem experimentellen Stück folgten noch drei der fünf Stücke für Trompete (Felix Mehlinger) und Vibraphon (noch einmal Eduardo Machado) von Markus Stockhausen – so viel zeitgenössische Musik findet man im Hauptprogramm nicht mehr!

Einen besonders starken Eindruck hinterließen Luca Sakon und Lia Yeranoysan (Violine), Marta Rodgriguez Otero (Viola) und Sarah Hahn (Violoncello) im Allegro violente ed agitato aus Alberto Ginasteras Streichquartett Opus 20 Nr. 1, das in seiner Impulshaftigkeit teilweise an die Klangsprache Schostakowitschs erinnerte. Liliya Milcheva und Youngin Jeong (Violine), Brian Isaac (Viola) und Josef Viorel Drăguş (Violoncello) begannen das Streichquartett Opus 44 von Felix Mendelssohn noch verzagt, wuchsen aber immer enger zusammen und steigerten sich in ein packendes Finale.

Die Intensität der Darbietung beeindruckte bei den meisten – ganz ohne Überwältigungseffekte zu gebrauchen. Wie im Fall von zwei federleicht präsentierten Novelletten (Opus 15) Alexander Glasunows (zu dessen Geburtstag) mit Alicja Magdalena Ptasiński, Mireia Comas Casellas (beide Violine), Ukyo Fujiwara (Viola) und Emanuele Crucianelli (Violoncello). Im Fall von Samuel Barber (Streichquartett Opus 11 mit Yick Cheung Jonathan Leung, Jessica Triebelhorn, Yujie Zeng und Dale Jeong) sowie Pavel Haas (Streichquartett Nr. 1 mit Luka Sakon, Woobeen Cha, Brian Isaacs und Dale Jeong) hätte man sich mehr als nur den ersten Satz gewünscht – wären die »Meisterwerke« vielleicht ein Podium, welches die besten Ensembles der Akademie einmal mit ganzen Werken betreten dürften?

11. August 2022, Wolfram Quellmalz

Die Moritzburg Festival Akademie ist heute beim traditionellen Picknick in Proschwitz zu Gast. Weitere Informationen unter: http://www.moritzburgfestival.de

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