Noch ein Himmel voller Gamben …

Ensemble Art d’Echo beim Musikfest Erzgebirge

Die Kirchen des Erzgebirges scheinen noch ein wenig eindrucksvoller als anderswo – äußerlich imposant in der Größe, zeigen sie innen oft eine beeindruckende Pracht. Das ist in Mildenau nicht anders, wo am Sonntagnachmittag in hellster Stimmung – strahlendes Weiß flutet bis zur dritten Empore nach oben – ein Gambenkonzert stattfand. Für die musikalische Lichtflut hatte Juliane Laake (Konzept und Leitung) gesorgt. Der Gambistin standen bzw. saßen Catherine Aglibut (Barockvioline), Heike Johanna Lindner (Viola da Gamba) und Thor-Harald Johnsen (Lauten) zur Seite.

Kirche in Mildenau, Juliane Laake beim Stimmen, Photo: NMB

Und hier trafen die NMB zum zweiten Mal an diesem Wochenende auf Johann Philipp Krieger (wie in der Kreuzvesper am Sonnabend, unser Bericht zuvor). Außer Kompositionen des Weißenfelser Kapellmeisters waren noch solche von August Kühnel (Kammermusiker am Hof von Zeitz) und Conrad Höffler (Organist und Musikus am Weißenfelser Hof) zu hören – alle drei sind heute kaum noch bekannt, damals waren sie berühmt und begleiteten verschiedene Ämter an unterschiedlichen Stationen in Nürnberg, Bayreuth oder Hessen-Kassel.

Aus heutiger Sicht (und bei aktueller Nachrichtenlage) verwundert ein Musiktitel wie »Lustige Feld-Music à 4« ein wenig, jedoch muß man zugestehen, daß Musik schon immer dazu diente, Begebenheiten zu erzählen oder Charaktere darzustellen. (So fanden wir kürzlich auf einer Cembalo-CD mit Werken Jean François Dandrieu auch eine Darstellung des Krieges. Marouan Mankar-Bennis »Pièces de Caractère« folgt demnächst in Heft 42 sowie danach online auf unserer Seite). Johann Philipp Kriegers Suite lockte – ganz, wie der Titel es versprach – vor allem heitere und frohe Gefühle hervor, so daß im Allegro sogar die Sonne kurz durch die Wolken schaute.

Unabhängig solcher thematischer Zusammenhänge oder Betrachtungen erwiesen sich die Stücke als ergötzliche Funde, die virtuoses Spiel erforderten und viele Stimmungen auskosteten. Für Abwechslung war gesorgt, denn sowohl die beiden Gamben als auch jene Juliane Laakes und die Barockvioline von Catherine Aglibut konnten singen, solistisch auftreten oder im Duett verschmelzen. Ihr Klang ist ohnehin unvergleichlich, so blieb es eine Frage des Geschmacks oder des Vorzugs, welchen Gesang man lieber hörte – Viola da Gamba oder Violine?

Dazwischen  setzte die Laute den Impuls, oder auch einmal mehr als nur sie, wenn noch die zweite Gambe gezupft wurde wie in August Kühnels Aria (aus der Sonata II). Singen kann die Laute zwar nicht, doch als Thor-Harald Johnsen Johann Philipp Kriegers Passacaglia für Laute solo anstimmte, war das Lied nicht fern – klang da nicht ein wenig Purcell (»Remember me«) durch?

In Kriegers Suite »Wo wilt du hin weil‘s Abend ist« (eigentlich eine Kantate) durfte Juliane Laakes Gambe dann einmal so richtig singen, derweil ihre drei Partner alle Pizzicato spielten. Daß die Viola da Gamba auch eine Verwandlungskünstlerin ist, zeigte sich spätestens in August Kühnels Suite XIII für Viola da Gamba und Basso continuo, als Heike Johanna Lindner fast schon für Harfenklänge sorgte.

Das lichtvolle Konzert durfte natürlich nicht ohne Zugabe bleiben – Kriegers Lied »Einsamkeit, du Qual der Herzen« beklagte das Quartett dann doch sehr einträchtig.

12. September 2022, Wolfram Quellmalz

Das Musikfest Erzgebirge findet noch bis zum 18. September statt. Mehr unter: musikfesterzgebirge.de/

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