Nichts Besonderes gibt es nicht

Kreuzvesper strahlte mit kleinem Ensemble festlich hell

Wenn sich eine Vesper »nur« auf den soundsovielten, in diesem Fall den 13. Sonntag nach Trinitatis bezieht, der kein eigenes Festmotto hat, kein Los- und Wendetag ist, erwartet man vielleicht auch nichts Besonderes – das stetige Voranschreiten des Lebens, der Zeit im Kalender gehört schließlich dazu, Festtage kann es nicht immer geben. Und doch gelang einem kleinen Ensemble in der Dresdner Kreuzkirche am Sonnabend eine ganz besondere Vesper.

von links: Sebastian Schöne (Trompete), Katy von Ramin (Orgeln) und Cornelia Kieschnik (Alt), Photo: Kreuzkirche Dresden

Cornelia Kieschnik (Alt), Sebastian Schöne (Trompete) und Katy von Ramin (Orgeln) sorgten mit Werkauswahl und interpretation für eine festliche Stimmung, die den Sonntag glanzvoll einläutete. So erklang zunächst das Moderato e grazioso aus Georg Philipp Telemanns Sonata de Concert D-Dur für Trompete und Orgel – pompöser geht es sicher, festlicher nicht. Denn die funkelnde Trompete kündete von Sonntagsstimmung und sorgte mit dem schönen Baß und der Begleitmelodie der Wegscheider-Orgel für frohe Stimmung. Zwar kleinbesetzt, aber keineswegs schlicht ging es weiter – für die NMB unter anderem (und ganz zufällig) der Auftakt für ein kleines Johann-Philipp-Krieger-Festival, denn (das wußten wir an dieser Stelle noch nicht) auch am folgenden Sonntag hörten wir Musik des Weißenfelser Kapellmeisters – bei einem Gambenkonzert des Musikfestes Erzgebirge [Bericht in Kürze].

Auf sein Präludium in C für Orgel folgte eine Solokantate: »Singet fröhlich Gotte« stellt der Altstimme jene der Trompete gegenüber. Die Besetzung ist so ungewöhnlich wie der Bezug bemerkenswert, greift er doch (in der alten Textfassung von Psalm 81) nicht nur die »Neumonden« auf, sondern nimmt Bezug auf »unserm Fest der Laubrüst« und die »Weise in Israel« (also das jüdische Laubhüttenfest). Darauf fügte sich noch ein Präludium und Ricercar für Orgel von Johann Philipp Krieger, die nicht weniger festlich strahlten als der Satz von Telemann.

Mit Johann Sebastian Bach war die Vesper nach der Concerto-Einleitung zunächst vorangeschritten – Katy von Ramin hatte auf die Inventio g-Moll (BWV 782) gespielt, an die sich die Arie »Gelobet sei der Herr« aus der Kantate (BWV 129) anschloß. Cornelia Kieschnik kleidete die Worte mit geschmeidigem Alt wunderbar aus – das gelang ihr später noch in einer Besetzung, die gar seltener ist als jene in Kriegers Kantate: Michael Praetorius‘ »Nun lob, mein Seel, den Herren« aus der Sammlung Polyhymnia Caduceatrix & Panegyrica (Polyhymnia, die Muse der Hymnendichtung, als Unterhändlerin und Festrednerin) enthält keinen Basso continuo, sondern nur die Stimmen von Trompete und Gesang.

Das Gotteslob stand auch im Mittelpunkt des Wortes zum Sonntag von Pfarrerin Eva Gorbatschow, die vor allem die Sichtweise von »schwarz und weiß« um Grautöne zu erweitern versuchte.

Mit Arvo Pärts Vertonung eines berühmten Gedichtes von Robert Burns gab es für Freunde der Lyrik (zumindest für manche) eine kleine Überraschung. »My heart’s in the Highlands« kennt man aus leidenschaftlichen, wenn nicht gar patriotischen Interpretationen – der estnische Komponist hat das Fernsein, den Abschied und die Sehnsucht in den Mittelpunkt seiner Musik gestellt und daraus eine meditative, zurückgenommene und melancholische Darstellung gewonnen.

von links: Sebastian Schöne (Trompete), Katy von Ramin (Orgeln) und Cornelia Kieschnik (Alt), Photo: Kreuzkirche Dresden

Zwei weitere moderne, zeitgenössische Kompositionen vervollständigten das Programm: Allan Vizzutti »The enchanted trumpet« (die verzauberte Trompete) für Trompete und Orgel wandelte zwischen amerikanischem Song und Neuer Musik, Herbert Gadschs Choralkantate »Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut« war der Abschluß. Einen Ausschnitt daraus sowie ein Musikbeispiel zu Telemanns Moderato e grazioso finden Sie noch auf der Seite zur Kreuzvesper:

https://www.kreuzkirche-dresden.de/veranstaltungen/veranstaltung/vesper-3bd017ddd7.html

12. September 2022, Wolfram Quellmalz

Die Kreuzvesper am kommenden Sonnabend (17. September, 17:00 Uhr) gestalten Idil Alpsoy (Mezzosopran), Emil Goldschmidt (Klezmerklarinette) und Bilal Irshed (Oud). Liturgie: Superintendent Christian Behr. Mehr dazu unter: http://www.kreuzkirche-dresden.de

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