Opernkonzert mit Julia Lezhneva
Schon mehrfach haben die NMB die Sopranistin Julia Lezhneva erlebt, oft mit Barockprogrammen – von ihr hingerissen zu sein, ist leicht, ja fast unvermeidlich! Am Sonnabend erlebten wir sie nun im Markgräflichen Opernhaus in Bayreuth. Ihr gelang es schließlich auch, die etwas verdrießliche Stimmung zu verjagen.

Und die lag nicht nur am Wetter – pünktlich vor Beginn goß es draußen wieder, dazu war es empfindlich kühl geworden. Kein Problem, solange man drinnen im Opernhaus ist, nur leider öffnete dieses (sogar noch etwas verspätet) erst eine halbe Stunde vor Beginn dem zahlreich wartenden Publikum die Türen. Zum Aufwärmen blieb da wenig Zeit, auch zum Plausch bei einem Wein gab es erst nach dem ersten Teil in der Pause Gelegenheit – schade! Hier könnte das Bayreuth Barock Opera Festival noch etwas am Ambiente bzw. Rahmen nachbessern. [Nachtrag: Auf Rückmeldung des Veranstalters sei angemerkt, daß diesbezügliche Absprachen (früheres Öffnen) in Abstimmung mit der Bayerischen Schlösserverwaltung wegen der Nutzung der Welterbestätte als Museum [noch] nicht erfolgreich waren. Vielleicht wird es bei einer Neuauflage schon anders sein.]
Und schließlich könnte das noch der Bayerische Rundfunk (oder gemeinsam mit dem Veranstalter). Zwar ist es höchst löblich, daß verschiedene Veranstaltungen aufgezeichnet oder übertragen wurden, doch der BR-Moderator im Saal, der sich jedoch allein der Kamera zuwandte und den Zuhörern den Rücken kehrte, irritierte etwas.
Aber nun ging es endlich los. In zwei Blöcken à zwei Ouvertüren / Sinfonia und vier Arien gab es fast zweieinhalb Stunden Musik. Julia Lezhneva bestach vor allem im zweiten Teil mit Charme und ihrem natürlichen Zauber. Das Programm hatte – so wie es sich für ein Festival gehört – einen besonderen Fokus, in diesem Fall den Komponisten Nicola Antonio Porpora, der – längst kein Geheimtip mehr – die Musik für seine zahlreichen Opern geschrieben hatte – »Siroe«, »Siface« oder »Issiple« hießen die Werke, denen die Arien entlehnt waren. Manche, wie »Sol fra scogli e fra tempeste« aus »Statira«, waren vergleichsweise lang – hier wäre ein Text bzw. eine Inhaltsangabe hilfreich gewesen, nur allein des schönen Gesangs wegen kommt man ja auch nicht. Allerdings waren die Programmhefte am vorletzten Tag von Bayreuth Baroque leider schon ausverkauft.
Doch sei es wie es sei – letztlich geht es immer um die Liebe! Und Lezhneva zu hören, ist stets ein Genuß. Und es sind nicht (nur) die Koloraturen, für die sie immer gelobt wird, mit denen sie betört – es sind gerade die sanften Bögen, die geschwungenen Linien, die Fallhöhe, die sie mitunter riskiert. Außerdem fiel auf, daß sie in den tieferen Lagen angenehm an Volumen dazugewonnen hat. Wenn sie es dann noch in den Koloraturen glitzern läßt, ist das um so schöner!
Ein wenig brauchte die Sopranistin dennoch, um auf »Temperatur« oder »in Fahrt« zu kommen, doch mit »Scuote la quercia annosa« aus »Il trionfo di Camilla« hatte sie das Feuer spätestens entfacht und zeigte sich gerade nach der Pause von der leidenschaftlichen Seite.
Nicht restlos überzeugen konnte das {oh!} Orkiestra Historyczna, Residenzorchester des Bayreuth Baroque Opera Festivals in diesem Jahr. Zwar musizierten Konzertmeisterin Martyna Pastuszka und ihr Ensemble sehr sauber und technisch makellos, auch die Bläser sorgten immer wieder für opernhafte Szenengestaltung (Hörner), dennoch mißte man etwas die Flexibilität oder das Temperament, wie es andere Ensemble bieten. Nicht zuletzt war das Orchester vielleicht schlicht etwas klein – man darf die Größe des Saales im Markgräflichen Opernhaus (immerhin gibt es drei Ränge nebst Balkonen) nicht unterschätzen!
Das Publikum bestand vor allem aus Fans und Stammbesuchern, welche die Sopranistin frenetisch feierten – vier Zugaben mußten es, incl. Händels »Lascia la spina« allein von Lautenist Jan Čižmář begleitet, schließlich also sein.
18. September 2022, Wolfram Quellmalz
Das Konzert ist in den Mediatheken von ARD und BR Klassik weiter verfügbar, unter anderem hier: