Landesjugendorchester Sachsen in der Dresdner Musikhochschule
Seit 1992 finden sich die besten Musikschülerinnen und Musikschüler Sachsens für gemeinsame Projekte im Landesjugendorchester Sachsen (LJO) zusammen, haben Proben und Auftritte in verschiedenen Städten. Am vergangenen Wochenende fand das bereits 62. Projekt mit drei Konzerten in Leipzig, Dresden und Bautzen seinen Abschluß. Hans-Peter Preu, derzeit 1. Kapellmeister an den Landesbühnen Sachsen, schrieb dem LJO dafür eine Uraufführung. »Brücken«, so der Titel des Werkes, wollte auch das Projekt schlagen.

Eine Brücke schlug das LJO zum Publikum – Hochschulrektor Axel Köhler freute sich als Gastgeber, nach der Zeit der Zwangslücken wieder in einen bis auf den letzten Platz ausverkauften Konzertsaal blicken zu können und erinnerte an das eben begonnene Schütz-Semester. Zwar erklang im Konzert kein Werk Schütz‘, doch wenn man ihn als »Wurzel« der Mitteldeutschen Musiktradition versteht, ist Musik ohne Schütz eigentlich nicht denkbar.
Nach der Begrüßung stand Felix Mendelssohns Konzertstück für Klarinette, Bassetthorn und Orchester Nr. 2 in d-Moll auf dem Programm. Dafür hatten sich zwei Solistinnen regionaler Partner eingefunden: Anja Bachmann (Klarinette, später auch Bassetthorn), gehört zum Ensemble der Mittelsächsischen Philharmonie, Regine Müller (Bassetthorn) spielt sonst in der Robert-Schumann-Philharmonie Chemnitz. Sie bescherten unter der Leitung von Tobias Engeli mit dem Orchester einen hellen, vergnügten Auftakt, der ein wenig an Carl Maria von Webers Werke für Klarinette erinnerte – es gibt nach wie vor viel zu entdecken, im historischen wie im zeitgenössischen Repertoire.
Ein weiterer Partner des 62. Projektes war der GewandhausJugendchor Leipzig (GJC). Er hatte mit Frank-Steffen Elster vier Lieder Georg Kreislers in einer Bearbeitung von Bernhard Hofmann und Tobias Engeli eingeübt. Die bissige, teils giftige Ironie Kreislers verlangt allerdings nach einem individuellen Solisten und wurde durch Kreislers österreichisches Idiom geprägt. Mancher an sich boshafte Satz (»Schatz, geh, bring das Arsen gschwind her«) schien im Chor gesungen etwas harmlos (Brücken sind eben unterschiedlich belastbar), was der Freude an der Interpretation allerdings keinen Abbruch tat. Darüber hinaus bestach der GJC mit einer untadeligen Verständlichkeit. Das wirkte noch mehr beim folgenden Jüdischen Lied »Lomir zikh iberbeten« (Laß uns versöhnen), das so gut dargeboten wurde, daß das Verstehen beim Zuhören gar leichter gelang als beim Lesen des jiddischen Textes.
Den vielleicht schönsten und ganz sicher innigsten Moment gab es mit einem Ukrainischen Gebet, das Chor und Orchester gemeinsam sangen. »Lobet den Herrn, meine Seele« heißt der Text auf Deutsch – da schien Heinrich Schütz plötzlich ganz nah. Kein Applaus unterbrach den wunderbar andächtigen Moment.
Noch vor der Pause kamen die beiden Solistinnen zum Orchester zurück und standen sich – mit dem Dirigenten als »Brücke« – gegenüber. »Brücken« heißt das Stück für zwei Bassetthörner und Orchester (am Vortag in Leipzig uraufgeführt). In seiner Herkunft an Concerti grossi angelehnt, erwies es sich nicht wenig als sinfonische Verbindung von Orchester- und Solostimmen.
Für die größte »Show« sorgte dennoch Peter Tschaikowsky in der zweiten Konzerthälfte. Die Sinfonie Nr. 5 verriet, wie intensiv die Vorbereitung gewesen sein muß – die vielen Streicher fanden zu einem geschlossenen Miteinander, das Blech- und Holzbläser einband. Den Beginn des zweiten Satzes nahm Tobias Engeli sehr langsam – das Temperament des LJO fegte aber bald jede Trägheit weg.
23. Oktober 2022, Wolfram Quellmalz
Das Konzert am Freitagabend im Gewandhaus wurde durch den MDR mitgeschnitten und soll am 18. November ausgestrahlt werden.
Das 63. Projekt des LJO ist für April 2023 mit dem Landesjugendchor Sachsen geplant.
http://www.saechsischer-musikrat.de/projekte/landesjugendorchester/ljo-sachsen/