Wiener Verhältnisse

Duo Dopico zu Gast im Klavierhaus Weber Dresden

Ein bißchen war es schon zu Beginn, als beträte man einen Wiener Salon – hinter den Fenstern der Große Garten, unter der Stuckverzierung Klimts »Kuß«, davor ein Bösendorfer … Doch war dies keine Ausstellung, selbst wenn im Klavierhaus Weber mitten in Dresden natürlich etwas ausgestellt wird: Flügel und Klaviere. Doch sie werden nicht nur ausgestellt, in den Räumen der Klavierbauerfamilie (die beiden Söhne sind nach ihrem Berufsabschluß mittlerweile ebenfalls im Unternehmen tätig) erklingen nicht nur Tonleitern in verschiedenen Stimmungen, sondern eben auch Musik. Am Sonnabend war das Duo Dopico zu Besuch und brachte Stücke von Mozart, Hindemith und Brahms mit. Es blieb in den Werken nicht wenig wienerisch, selbst wenn Paul Hindemith anders als Wolfgang Amadé Mozart oder Johannes Brahms kein Wiener war oder wurde. Indem sich Hindemith von der Romantik löste und den Impressionismus vermied, fand er zu einer modernen Formensprache, wie sie in Architektur und Bildender Kunst eine Wiener Blüte erlebte.

Kammerabend im Klavierhaus Weber am 14. Januar, Photo: NMB

Am Beginn des Konzertprogramms stand die Sonate für Violine und Klavier C-Dur von Wolfgang Amadé Mozart bzw. die Sonate für Klavier und Violine, wie das Köchelverzeichnis KV 296 noch nennt. Denn ursprünglich hatte die Violine das Klavier zu begleiten, in manchen der Werke Mozarts und Beethovens kann man den Wandel zur uns heute (aber auch Brahms und Hindemith) geläufigen Form noch nachvollziehen. Nora Scheidig (Violine) und Cristina Allés Dopico (Klavier) standen bzw. saßen sich hier aber bereits sehr ebenbürtig gegenüber. Nur wenige Jahre ist es her, daß beide an der Musikhochschule zusammenfanden. Damals waren sie begabte Studentinnen, wie es viele gibt – Duos, Trios oder Quartette finden sich mitunter spontan, bestehen aber nicht lang. Doch in diesem Fall hat eine Entwicklung begonnen, die bis heute (und nach einigen internationalen Preisen) zu einer erstaunlichen Reife und Partnerschaft geführt hat. Wer traut sich heute schon, eine Mozart-Sonate zu spielen? An der Hochschule ein Standard, findet man die Werke kaum einmal im Konzertprogramm. Vielleicht, weil sie mehr Verständnis und Aufwand erfordern, als man ihnen anmerkt? Das Duo Dopico ließ der Sonate ihren freien Atem – das Lehrbuchstück (übrigens in Mannheim entstanden, nicht in Wien) zeugte von großer Beherztheit (Vivace), Einfühlungsvermögen in das Lied (Andante sostenuto) und einem Perlenspiel (Allegro), in dem Violine und Klavier zu einer Wunderharfe verschmolzen. Trotzdem war es nicht allein die Lebhaftigkeit, mit der das Duo Dopico überzeugte, sondern das sostenuto des zweiten Satzes, welches das einfache Andante erhöhte.

Rein musikalisch gab es danach einen großen Kontrast: nicht Luftigkeit oder Verzierungen charakterisieren Paul Hindemiths Sonate (oder Sonatine) für Violine und Klavier Opus 11 Nr. 1. Glatte, klar begrenzte Flächen führen an den Beginn des 20. Jahrhunderts in die Moderne oder deren Nähe. Denn die Sonate ist ein Werk »auf dem Weg«. Es zeugt ebenso von Aufbruch wie von Frische und neuen Formen. Nora Scheidig und Cristina Allés Dopico fanden darin aber ebenso Ornamente und Lied – der erste Teil schloß sehr kantabel, der zweite legte eine überraschende Fragilität offen. Darauf folgte – vom Komponisten mit der Feierlichkeit eines Tanzes gewünscht – ein Traumgespinst, das sich aus den Figuren der Violine und dem umgebenden Raum des Klaviers zusammensetzte, fein und durchscheinend wie ein Geisternebel.

Mit Johannes Brahms‘ dritter Violinsonate gab es nach der Pause einen großartigen Abschluß. Spätestens hier war, wer Mozart irrtümlich für »leicht« gehalten hatte, hingerissen. Nora Scheidig und Cristina Allés Dopico fanden in Brahms‘ letzter Violinsonate eine Synthese aus schwer- und sanftmütig, samtigen Salonklängen und leidenschaftlich feurigem Ungestüm (Presto agitato) – was sie nicht hinderte, Un poco presto e con sentimento eine ungeahnte Leichtigkeit einzuverleiben.

Als Zugabe spendierte die beiden dem Publikum »Nana«, ein Wiegenlied von Manuel da Falla, das auf der CD von Nora Scheidig und Cristina Allés Dopico enthalten ist.

http://www.klavierhaus-weber.de/

Mit einem Opus Klassik prämierte CD des Duos Dopico, mit Werken von Robert Schumann, Joaquín Turina und Manuel da Falla, erschienen bei Vespree

http://www.duo-dopico.de/

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