Prager Symphonieorchester und Camille Thomas bringen Dvořák in die Dresdner Frauenkirche
Letztlich boten das Prager Symphonieorchester (Symfonický orchestr hlavního města Prahy FOK) ein reines Dvořák-Programm, und das war musikalisch vielleicht wichtiger. Denn neben dem berühmten Cellokonzert mit der Weltklassesolistin Camille Thomas erklangen die siebente Sinfonie sowie die Sinfonische Ouvertüre »Mein Heim« Opus 62 (wohlgemerkt nicht »Meine Heimat«), die zwei Jahre vor dem Aufbruch des Komponisten nach Amerika entstanden war. Vor allem die Ouvertüre gehörte zu den »kleinen Unerhörtheiten«, die einem solche Gäste bereiten können, wenn sie Musik ihrer Heimat mitbringen.
Zunächst jedoch suchte Dirigent Eugene Tzigane noch die Balance, vor allem die Holzbläser drangen etwa bis zur Halbzeit übermäßig durch, manches deutete aber bereits in »Mein Heim« schönes an, wie das lebensfrohe Tremolo, der Hornruf und sollte später noch den Eindruck abrunden. Sehr störend, gerade in den leisen Passagen bis hin zur wunderbaren Zugabe der Cellistin, war dabei das Rauschen, das die derzeitige Installation »Gaia« des Künstlers Luke Jerram verursacht. (Die fragile Erdkugel war für die Veranstaltung nach oben in die Kuppel gezogen.)
Daß Antonín Dvořák ein ausgezeichneter Sinfoniker war, hatte seine Ouvertüre bereits gezeigt, auch seinem Konzert für Violoncello und Orchester Opus 104 wohnt ein solcher Duktus inne. Camille Thomas spielt ein wunderschönes Stradivarius, dessen Klang jedoch gerade im ersten Satz, teilweise noch im zweiten, zu stark vom Orchester eingeschlossen schien. Doch immer dann, wenn Kantabilität zum Tragen kam, trat das großartige, schlanke Legato der Cellistin hervor. Im letzten Satz schließlich stimmte schließlich die Balance mit und im Orchester, ergaben sich die Dialoge zwischen Solo- und Tuttistimmen. Ganz besonders – und das blieb in der Sinfonie so – sorgten die zweiten Violinen für Akzente. Rechts sitzend, so daß die Schallöcher der Instrumente nach hinten wiesen, brachten sie immer wieder einen merklichen Effekt hervor, der jedoch subtil und nicht »frontal« spürbar wurde.
Camille Thomas bedankte sich für den Applaus mit Pau Casals »El cant dels Ocells« (»Der Gesang der Vögel»), das sie an dem symbolträchtigen Ort dem Frieden widmete. Passend aber auch deshalb, weil der Katalane zu den wichtigsten Interpreten von Dvořáks Cellokonzert gehört und eine bis heute bemerkenswerte Aufnahme hinterlassen hatte.
Mit einer süffigen siebenten Sinfonie krönte das Orchester sein Programm. Erneut ließ es den Charme der zweiten Violinen (im zweiten Satz melancholisch herb), vor allem gefiel eine vorzügliche Horngruppe (Solo: Zuzana Rzounková) und weitere Orchestersoli wie von Hana Knauerová (Flöte). Trotz der teils burschikosen Lesart präsentierte Eugene Tzigane ein pulsierendes, federndes Scherzo, das energische Finale – nun auch mit prägnanten Trompeten – blieb trotz aller Imposanz differenziert und durchhörbar.
18. März 2023, Wolfram Quellmalz

Eben erschienen: Camille Thomas, Brussels Philharmonic Orchestra, Stephane Deneve, Mathieu Herzog »Voice of Hope«, mit Werken von Antonín Dvořák, Fazıl Say, Maurice Ravel, Christoph Willibald Gluck und anderen, als CD und LP, erschienen bei Deutsche Grammophon