Sächsische Staatskapelle musiziert erneut mit Christoph Eschenbach
Sängerisch herausragend und besonders war das Gedenkkonzert der Sächsischen Staatskapelle nicht allein wegen des luxuriösen Solistenquartetts, sondern auch, weil gleich zwei Chöre auftraten: nach dem Staatsopernchor am Mittwoch und gestern findet die Aufführung heute in der Frauenkirche mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks statt. Elisabeth Kulman kehrte für Antonin Dvořáks »Stabat Mater« in einer neuen Rolle und anderer Stimmlage (diesmal: Alt) zur Staatskapelle zurück, ihr zur Seite standen Sopranistin Verena Gimadieva sowie Pavol Breslik (Tenor) und René Pape (Baß). Und ganz nebenbei saß zum ersten Mal Juraj Cizmarovic (als Gast) am Pult des Konzertmeisters. Sonst ist er als Solist und im gleichen Amt beim WDR Funkhausorchesters zu erleben.
Dvořák stand zwar nicht zum ersten Mal auf dem Programm des Staatskapellen-Gedenkkonzertes, eine Premiere war es dennoch – bisher war jeweils sein Requiem erklungen. Das »Stabat Mater« an dieser Stelle zeigte vielleicht auch den Weg zu einem Neuanfang auf – nicht im Schmerz des Unbegreiflichen zu verharren, sondern Trost und Hoffnung zu geben. Wie Schmerz gewordene Musik hob es dennoch an, die Bewegung des Aufrichtens meinte zunächst das Aufrichten des Kreuzes. Dennoch spürte man hier schon das Leben (nicht nur den Abschied), das dem Moment innewohnt. Verantwortlich dafür war der Sächsische Staatsopernchor (Einstudierung: Jörn Hinnerk Andresen), der einfühlsam und immer wieder in Stimmgruppen aufgeteilt diesem Moment nachspürte, in den Tenören zunächst, wenig später sorgten die Soprane für eine hoffnungsvoll helle Färbung – eben mehr als nur lähmendes Verharren. Immer wieder aber wuchs der Chor zusammen, sorgte für dramatische Zuspitzung, Betonung, Bekräftigung des Wortes.
Nach und nach mischten sich die Solisten ein, unverkennbar der vor allem in höheren Lagen strahlende Tenor Pavol Bresliks. Hier freilich mußte er oft abdunkeln, schattieren, was im Vergleich etwas matter schien. Großartig war die Ausstrahlung und Wärme von Verena Gimadieva, die betörend maßvoll blieb. Das fiel immer wieder auf: dieses Quartett war aus vier sehr individuellen Stimmen zusammengefügt, die sich nicht überstrahlten oder verdrängten, aber noch zusammen einzeln erkennbar blieben, wofür ihnen Christoph Eschenbach den Raum gab. Elisabeth Kulman bewies, daß ihr Alt über einen dunklen Samt verfügt, ein großes, blühendes und großartiges Einfühlungsvermögen. René Pape wiederum war nicht nur am besten verständlich, er sorgte auch für markante Soli noch im Quartett und im Piano. Manche expressivere Passage dagegen blieb betont kräftig, eine Abstufung dazwischen fehlte etwas.
Auf Expressivität kam es jedoch nicht allein an. Statt dessen sorgte der Chor für ein kontemplatives Verharren (»Eja mater …«, »Tui Nati vulnerati«); umfing die Staatskapelle die Sänger nicht nur mit den Soli der Bläser, sondern, wie im »Fac, ut ardeat …«, mit hohen Streicherstimmen. Immer wieder gab es solche »Aufrichtmomente«, selbst dann, wenn Pavol Breslik wunderbar bittend das »Laß mich wahrhaft mit dir weinen« formulierte.
14. Februar 2019, Wolfram Quellmalz