Sir Roger Norrington zelebrierte Mozart in der Dresdner Frauenkirche
Natürlich kann ein Konzert mit den Werken nur eines Komponisten so fade ausfallen wie eine wiederaufgewärmte Tiefkühlpizza, man kann aber mit frischen, gut ausgewählten Ingredienzien, welche sorgsam behandelt und fein aufeinander abstimmt werden, ein zauberhaftes Mahl bereiten. Und der »Chefkoch«, am Freitagabend Sir Roger Norrington, braucht die richtigen Gehilfen für sein Wirken: das Zürcher Kammerorchester, dessen Principal Conductor der Engländer von 2011 bis 2015 war, sowie Sebastian Knauer als Solisten und Assistenten.
Auf ihrem kulinarischen Plan standen drei Köstlichkeiten Wolfgang Amadé Mozarts: das Divertimento D-Dur (KV 251), das Klavierkonzert A-Dur (KV 488) sowie die sogenannte »Posthornserenade« (KV 320). Schon das Divertimento, »Nannerl-Septett« genannt, zeitigte eine belebende Wirkung. Genußvoll ließ Norrington den Wechselgesang von Streichern und Bläsern wogen, entfaltete sich die Oboenkantilene von Marc Lachat – er sollte den ganzen Abend als wenig versteckter Solist begleiten. Indes – Sir Roger Norrington verstand es, solch feine Tupfer im Ganzen zu binden, mit Kanten und Rauhheiten Kontraste zu fördern, eine Wiederholung erfrischend zu beschleunigen, ohne daß er den Spannungsboden verlor, auch wenn er – sich quasi zungenschnalzend selbst genießend, versonnen dem in den Raum entschwebenden Nachhall lauschte. Mit soviel Sorgsamkeit und Verve wünscht man sich die (vermeintlich) kleinen Divertimenti und jede Haydn-Sinfonie vorgetragen!
Und wie verband sich nun dieser markige, knackige Klang mit einem modernen Steinway? Zunächst standen sie sich im Klavierkonzert etwas fremd gegenüber – das direkt klingende Orchester hier und der seines Deckels (also auch Klangspiegels) beraubte Flügel, der im Verhältnis indirekter schien. Doch wuchsen Sebastian Knauer und das Zürcher Kammerorchester zu einer Einheit, mischten Figuren, tänzerische Linien, weil der eine (Norrington) das Detail und die Freude daran und der andere (Knauer) mit wohldosiertem Pedal die Klarheit nicht verlor, einen feinen, gut akzentuierten Anschlag beherrscht – herrlich! So schufen Solist und Orchester, gerade im Adagio, eine Mondschein-Atmosphäre.
Keinen Applaus gab es mittendrin (was sonst oft passiert in der Frauenkirche), weil sich alle mitreißen ließen, bis – Roger Norrington selbst applaudierte, nach dem Rondeau der Serenade D-Dur. Hier wurde Mozart nicht nur gespielt, hier wurde er gefeiert! Wie auch nicht, mit solchen Musikern, die sich jederzeit als Solisten hervortun und im nächsten Moment wieder ein Orchester sind. Ob die Stimmführer der Violinen im Duett oder die entzückenden Holzbläser – wie schade, daß die Orchesteraufstellung nicht (mehr) zum Programmheft gehört. (Dabei hat Daniel Hope beim Orchester und der Frauenkirche jeweils eine Director-Position inne – na, vielleicht das nächste Mal?)
Der Name »Posthornserenade« ist übrigens irreführend, denn ein Posthorn tritt hier nur einmal prominent hervor. Vielmehr ist das Werk durchwirkt von sich wechselnden Stimmen, wobei Oboen und Flöten am prominentesten prunken. Ein Posthorn gibt es lediglich – dann aber herausgestellt – im Menuetto, das zunächst die Flöte eröffnete. An diesem Abend durfte der Hornist – nebst Hut und Uniform – ergötzlich von der Empore blasen, wahrhaft musikalisch unterhaltsam im besten Sinne!
Eine Zugabe, sprich Wiederholung des Schlußsatzes war eigentlich unvermeidlich – nun mögen sie wiederkommen, vielleicht mit einem Haydn- oder (2020, im Beethoven-Jahr) mit einem Beethoven-Programm?
9. März 2019, Wolfram Quellmalz