Absolventenkonzert mit der Erzgebirgischen Philharmonie Aue
Dresden hat nicht nur einen neuen Konzertsaal, sondern zwei: 2008 weihte die Musikhochschule den modernen Anbau am historischen Gebäude ein. Seither bietet der Saal vor allem für Kammermusik und (kleine) Sinfonieorchester eine hervorragende Umgebung, wird mehr und mehr von den Dresdner Musikfreunden entdeckt und angenommen. Er zieht – ganz wie sein »großer Bruder« im Kulturpalast – internationale Gäste an. Aus Frankreich, Holland, Südamerika kamen sie schon; viele, wie das Curtis Institut of Music aus Philadelphia, waren gleich mehrfach da. Noch öfter kommen die Orchester aus der Region, wie sich Ekkehard Klemm, der die künstlerische Gesamtleitung der Absolventenkonzerte wahrnimmt, freuen konnte. Es haben eben nicht nur Solisten und Dirigenten die Möglichkeit, mit erfahrenen Orchestern zu arbeiten, umgekehrt erhalten diese auch die Möglichkeit, sich in der Landeshauptstadt vorzustellen. Die Erzgebirgische Philharmonie Aue gehört zu den ältesten Partnern in dieser Reihe und hat das Absolventenkonzert am Ende der Spielzeit schon vor Jahren als 10. Sinfoniekonzert in ihrem Konzertkalender verankert.
Das Programm am Donnerstagabend war vielfältig wie immer, reichte von Carl Maria von Weber bis zu Siegfried Kurz. Der Beginn stand im Zeichen von Robert Schumanns »Genoveva« und bot mit der Ouvertüre daraus gleich die Möglichkeit, den warmen sächsischen Streicherklang der Erzgebirgischen Philharmonie zu kosten. Dirigentin Noori Cho (Klasse Prof. Steffen Leißner) ließ das subtil dräuende Unheil des Werkes im Orchester glimmen, doch gelingt es »Genoveva« schließlich, jenes Unheil abzuwenden, was sich schon in der dicht gewobenen Ouvertüre ankündigte.
In Carl Maria von Webers Concertino für Klarinette und Orchester (Dirigent: Iurii Kravets, Klasse Prof. Steffen Leißner) greifen Bläser- und Streicherstimmen wie bei Schumann dicht ineinander, auch Weber entfacht einen stimmungsreichen – wenngleich ganz anderen – Farbzauber. Solistin Jieun Lee (Klasse Prof. Joachim Klemm) konnte dabei mit gesanglicher Melodieführung ebenso wie mit virtuoser, aber nicht herausgestellter Beherrschung ihres Instrumentes überzeugen. Zu den schönsten Augenblicken gehörte daher die ruhige Variation des Concertinos, in der Klarinette und Violen Nocturne-Stimmung hervorbrachten.
Noch vor der Pause erklang ein weiteres Dresdner Werk: Auch Kurt Sandau, der Siegfried Kurz’ Trompetenkonzert einst auf Schallplatte aufgenommen hatte, wollte hören, wie Philipp Rauch (Trompete, Klasse Helmut Fuchs) und Jan Arvid Prée (Klasse Prof. Ekkehard Klemm) das vielschichtige Werk interpretierten. Es verbindet Klassik und Jazz, stellt Solist und Orchester sehr unterschiedlich gegenüber. Ob strahlend, virtuos, rhapsodisch oder in einem an Schostakowitsch erinnernden Wettlauf – beeindruckend war, wie ausdifferenziert JCarl an Arvid Prée es wachsen ließ, dem Orchesterklang dabei aber viel Freiraum schenkte.
Richard Wagner hat nur eine Sinfonie vollendet, in C-Dur. Man hört ihr deutlich an, daß sich der Komponist bei Vorbildern wie Haydn und Mendelssohn belesen hat. Doch wo bei letzterem zum Beispiel eine musikalische »Wende« einen neuen Teil einleitet, wächst Wagner immer weiter, wird größer, breiter, mächtiger – kein Wunder, daß er später ohne Singstimmen kaum auskommen konnte. Lavin Śpirydonaŭ (Klasse Prof. Georg Christoph Sandmann) zeigte die wohl verbindlichste dirigentische Leistung an diesem Abend und nahm Wagner nicht die Macht, vermied aber jedes Pathos und legte auch ungeahnt leichte Feinheiten offen, die man sonst oft nicht erlebt.
21. Juni 2019, Wolfram Quellmalz