Wie einst im Mai?

Sonderkonzert der Sächsischen Staatskapelle mit Mozarts letzten Sinfonien

Die Sächsische Staatskapelle gilt nicht nur als »Wunderharfe«, als Wagner- und Strauss-, sondern mindestens ebenso als Mozartorchester. Natürlich in erster Linie wegen der Opern, aber auch Konzerte können in himmlische Höhen reichen. Vor sieben Jahren im Mai spielte die Kapelle mit ihrem Ehrendirigenten Sir Colin Davis Mozart, unter anderem die »Jupitersinfonie«. »Unangestrengt musikantisch« im Stil und noch im stürmischen Finale »in eleganter Kleidung« (DNN von damals) war dies ein beglückendes Erlebnis, das die Wiener Philharmoniker mit Daniel Barenboim im Rahmen der Musikfestspiele ein Jahr später – erneut im Mai – trotz aller Könnerschaft nicht überflügeln konnten.

Nun hatte sich die Staatskapelle mit Philippe Herreweghe genau jenes Programm für ein Sonderkonzert vorgenommen, wie es damals die Wiener darboten: die drei letzten Sinfonien, Es-Dur, g-Moll und C-Dur. Die von manchen übertrieben als »Mozarts Ring« empfundene Trias wird nicht selten als Gesamtwerk aufgeführt. Am Montagabend erklangen sie im Kulturpalast, wobei es schon etwas überraschte, ausgerechnet an diesem Ort auf den Alte-Musik-Spezialisten Philippe Herreweghe zu treffen. Gleichwohl – er hatte mit den Dresdnern schließlich auch Bachs Johannespassion im Großen Salzburger Festspielhaus aufgeführt und das Publikum zu Begeisterungsstürmen hingerissen.

Doch diesmal konnte die Begeisterung nur eine geteilte, gemischte sein. Dabei liegt es keineswegs am Saal – die Staatskapelle kennt ihn gut genug, manche Musiker durch Gastauftritte sogar sehr genau. Was den Schein oder vielmehr den Klang – und der ist maßgebend! – trübte, war die Mischung aus historisch informierter und traditioneller Staatskapelle. Und diese schließt eben bei Mozart die (romantisch geprägte) Rezeption ein. Den unangestrengten und eleganten Stil gab Herreweghe jedoch zugunsten der wohl historisch intendierten Akzente auf, ohne dabei wesentliches hinzuzugewinnen.

Dabei war es gar nicht die Imposanz der Affekte – Herreweghe blieb in ihnen durchaus angebracht maßvoll, zeichnete Konturen, in denen Betonungen manchmal gerade darin lagen, nicht gewichtig hervorzuheben, sondern dynamisch zu mindern, wie im Aufwärtsmotiv der Violinen im Menuetto der Es-Dur-Sinfonie. Himmlisch waren die Hörner (Jochen Ubbelohde, Manfred Riedl), welche am Anfang der g-Moll-Sinfonie für Furore sorgten. Überhaupt brachten die Bläser (Andreas Kießling / Flöte, Bernd Schober / Oboe, Robert Oberaigner / Klarinette und Joachim Hans / Fagott) manche Erfrischung bei. Doch in der Melange fehlte eben die Brisanz, die Stimmigkeit. Die auftaktige Betonung (Andante / g-Moll) schien zunächst burlesk, im Verlauf verloren solche Mittel aber die Frische und klangen behäbig (Andante cantabile / C-Dur), das konnte auch das fetzige Jupiter-Finale nicht mehr herausreißen.

Mag sein, dies sei »Nörgeln auf hohem Niveau«, gediegen klang das Orchester schließlich trotzdem. Allein wie Flöte und Fagott durch den samtig-dunklen Orchesterklang leuchteten (Andante con moto Es-Dur), war formidabel. Doch der Steigerung, die man allein in den zweiten Sätzen hätte finden können, fehlte es an Hingabe, und wenn man den Vergleich mit dem gewohnten Klang der Staatskapelle oder den vielen »Originalklangorchestern« aus Dresden bzw. solchen, die als Gäste kommen, heranzieht, blieb angesichts der hohen Erwartungen und der ungenutzten Möglichkeiten Enttäuschung.

29. Oktober 2019, Wolfram Quellmalz

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