Dresdner Orgelzyklus in der Hofkirche

Simon Daubhäußer setzt »Wanderung« durch Europa fort

In diesem Jahr stehen die zum Dresdner Orgelzyklus zählenden Konzerte in der Katholischen Hofkirche (Kathedrale) im Zeichen eines Rundblickes in und nach Europa. Auch wenn die der deutsche Orgelbau und die deutsche Orgellandschaft mittlerweile zum Weltkulturerbe der UNESCO zählen, war und ist der Blick immer gerichtet in ferne Weiten – Gottfried Silbermanns Handwerk wurde unter anderem bei seinem Bruder Andreas im Elsaß geprägt. An einer seiner meisterlichen Orgeln in Dresden spielen in diesem Jahr viele Gäste aus ganz Europa (und der Welt).

Ursprünglich hatten für den gestrigen Mittwoch Werke von Johann Sebastian, Jozef Grešák, Gustav Merkel und Pēteris Vasks auf dem Programm gestanden. Doch Christian Schmitt (Stuttgart) mußte leider kurzfristig absagen. Ersatz fand Domorganist Johannes Trümpler in Simon Daubhäußer, der in Dortmund als Propsteikantor und Dekanatskirchenmusiker an der Propsteikirche tätig ist. Er nahm die Bezüge des ursprünglich geplanten Programms mit auf und spielte unter anderem Werke von lettischen (Vasks) und slowakischen (Mikuláš Schneider-Trnavský) Komponisten.

In einem ersten (jedoch nicht getrennten) Teil erklangen zwei Phantasien in f-Moll von Wolfgang Amadé Mozart (KV 608 und KV 594), die ursprünglich gar nicht für eine große Orgel, sondern für viel kleinere Spielautomaten (eine Flötenuhr und eine Orgelwalze) geschrieben waren. Zwischen den beiden Werken hatte Simon Daubhäußer zwei Choralbearbeitungen Johann Sebastian Bachs (BWV 662 und 664) sowie Pēteris Vasks »Kantate« für ein Cembalo symmetrisch eingebettet.

Natürlich tragen Mozarts Werke etwas in sich, was man den »göttlichen Funken« oder einen Engelshauch nennen kann, Simon Daubhäußer spielte die beiden Stücke mit der für Phantasien gebotenen Freiheit, zeigte, daß die erste durchaus erdverbunden ist, während sich die zweite nach getragenem Beginn schließlich erhebt und gar fröhlich wird.

In den Bach-Bearbeitungen (bzw. -verarbeitungen) – gleich mehrfach lag den Stücken an diesem Abend die Zeile »Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr‘« zugrunde – offenbarten sich die stimmlichen, sängerischen Qualitäten der Silbermann-Orgel. Grazil im Sopran aufsteigend und harmonisch getragen blieben die nicht gesungenen Worte wie unterstrichen und damit im Sinn präsent. Hochinteressant war auch die »Kantate« Vasks, die im Charakter auf dem anderen Instrument natürlich völlig verändert schien, ihre perkussive Qualität jedoch nicht verlor.

Mit einem Chorsatz Mikuláš Schneider-Trnavskýs, für den Simon Daubhäußer eine Registrierung mit vielen Holzbläsern (Fagott und Oboe) wählte und sich so der menschlichen Stimme näherte, mit kleinen Improvisationen zum Stück und einer »Rückkehr« zu Bach (»Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr‘«, BWV 663) langte das Programm schließlich bei zwei »Vätern« der deutschen Orgelschule an, diesmal der norddeutschen: Heinrich Scheidemann (Choralphantasie »Jesus Christus unser Heiland«) und Dieterich Buxtehude (BuxWV 153) führten vor, wie man aus einer musikalischen Anlage, dem thematischen Material, schöpferisch einen »Turm« bauen kann, prächtig und mächtig, und doch klar – Musik.

7. November 2019, Wolfram Quellmalz

Nächstes Konzert im Rahmen des Orgelzyklus: Mittwoch, 13. November, 20:00 Uhr, Frauenkirche Dresden, Domorganist Markus Eichenlaub (Speyer) spielt Werke von Franz Schmidt, Sigfrid Karg-Elert und Frederick William Holloway

Nächstes Orgelkonzert in der Hofkirche: 27. November 2019, 20:00 Uhr, Domorganist Johannes Trümpler mit Werken von Nicolaus Bruhns, Jacob Handl, Mihaïl Pekov, Thierry Escaich und Johann Sebastian Bach

Tip: Sonnabend, 9. November, 16:00 Uhr, Hofkirche (Kathedrale) Dresden: Kirchweihvesper, es erklingen unter anderem Werke von Heinrich Schütz

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