1. Aufführungsabend der Spielzeit der Sächsischen Staatskapelle
Nach ihrer Rückkehr von der Europa-Gastspielreise mit Mozart begann die Sächsische Staatskapelle Dresden am Dienstag die Reihe der Aufführungsabende in der Semperoper, mit jenem, den viele für den Mozart des 19. Jahrhunderts halten: Felix Mendelssohn. Dafür hatten das Orchester und der Tonkünstler-Verein Thomas Guggeis, den jungen Kapellmeister der Staatsoper Stuttgart, eingeladen. Gerahmt von den Werken Felix Mendelssohns erklang dabei auch das Posaunenkonzert Opus 114 von Derek Bourgeois.
Bourgeois war Komponist und Arrangeur, der für klassische Sinfonieorchester ebenso geschrieben hat wie für Bläsersinfoniker. Sein Posaunenkonzert Opus 114, wohl das bekannteste Werk aus seiner Feder, verbindet mehrere Genre: sinfonische Streicher mit einer (kleinen) Bigband, liedhafte Themen mit Brass-Sinfonik. Solist und Staatskapellen-Mitglied Jonathan Nuß (Soloposaunist) beeindruckte vor allem mit weichem Ansatz und schönen Legato-Bögen, mit sanglicher Ausformung – ein Crooner auf der Posaune, dem die Phrasierung wichtiger war als eine kernige Präsenz. Thomas Guggeis band das Werk, einem bunten Farbtupfer gleich, in dem sich sämtliche Bläserstimmen der Kapelle zeigen durften, zu einem harmonisch gefügten Gesamtbild. Im Allegro, in dem das Hornquartett der Soloposaune ein geschmeidiges Echo widergab, setzte sich zuweilen eine treibende Marschmelodik durch, mit dem abschließenden Presto kehrten die Musiker schließlich virtuose Elemente prägend hervor, ohne daß der harmonische Zusammenhang gefehlt hätte.
Deutlich war die »Visitenkarte« von Thomas Guggeis schon bei Mendelssohns Konzertouvertüre »Das Märchen von der schönen Melusine« Opus 32 gewesen. Mit großen Gesten koordinierte der Dirigent die Staatskapelle, setzte auf Präzision und Klarheit, feuerte das Orchester aber auch immer wieder an – das wäre so deutlich gar nicht nötig gewesen. Beim Melusinenmärchen verstärkte er nach bedachtem, beflügeltem Beginnen die düsteren, bedrohlichen Untertöne, schuf Bilder des strauchelnden Ritters und schärfte mit Rauhheiten die Konturen.
Nach der Pause schloß Mendelssohns »Italienische« Sinfonie Opus 90 den Abend ab. Einige Grade »heißer« als gewohnt erklang das Werk, mit feurigen Bläsern noch einmal, und auch hier mit feinen Legatolinien in den Soli. Die Differenziertheit wahrte Thomas Guggeis, der Grad der Aufmerksamkeit und der Führung blieb hoch. Dennoch behielt der Dirigent im einleitenden Allegro vivace die feinen Nuancen bei, sorgte für Leichtigkeit im »Wassermotiv« des Menuetto. Erstaunlich war, daß er trotz nicht unbeträchtlichem »Antrieb« und forscher Gangart zu einer federnden fand, auch wenn das Menuett nicht ausgesprochen »tänzerisch« war. Mit so viel Präzision darf er das nächste Mal also gerne noch ein wenig gelassener werden, Tempi mehr auskosten, dann wird es noch besser.
6. November 2019, Wolfram Quellmalz