Kreuzvesper wieder mit Publikum
Am Wochenende konnte die Kreuzkirche für Vesper und Gottesdienst zum Sonntag Kantate wieder öffnen. Daß dabei Auflagen eingehalten werden mußten (Abstand halten, Masken tragen), war selbstverständlich. Um so mehr freute es, daß es im Programm zu keiner Einschränkung gekommen war – mit kleinen Abweichungen fand es wie im Jahresheft angekündigt statt.
Der Name des Hofkapellmeisters Johann Adolph Hasse ist für uns heute vor allem mit den Opern des Bergedorfer Komponisten verbunden, doch hat er außerdem manche Instrumental- und Kirchenmusik sowie Orgelwerke hinterlassen. Aus seinem Concerto D-Dur spielte Kreuzorganist Holger Gehring zu Beginn das Allegro – ein weiteres jubelndes »Willkommen« an der großen Jehmlich-Orgel, nachdem die Gemeinde am Eingang von Pfarrer Holger Milkau begrüßt worden war.
»Singet dem Herrn ein neues Lied« stand mit Texten aus den Psalmen 93, 96 und 98 im Mittelpunkt der Vesperstunde. Johann Philipp Kriegers Cantate Domino nahm den Gedanken zu Beginn auf, Dieterich Buxtehudes »Singet dem Herrn« setzte ihn fort. Das Barockorchester der Kreuzkirche, nun um die Wegscheider-Orgel gruppiert, behielt die positive, optimistische Stimmung des Anfangs bei, fügte vor allem warme, umschließende Klänge bei. Derart »gebettet« durften die beiden Sopranistinnen Heidi Maria Taubert und Birte Kulawik den Jubel mit dem Wort, ihrem Gesang, fortsetzen. Heidi Maria Taubert fand bei Krieger zu lerchenhafter Höhe, während Birte Kulawik in Buxtehudes Kantate gerade die Wendungen und das »Aufwärts« betonte.
»Du fehlst mir so« stand im Mittelpunkt des Sonntagswortes und meinte die Stimme, den Gesang, der doch eine befreiende und verbindende Wirkung hat, ein Miteinander – man spürt es gerade, wenn die Möglichkeit dazu fehlt oder (noch) eingeschränkt ist. Wie im Gemeindegesang, der bei in seiner Zahl deutlich gemindertem Publikum zunächst »dünner« ausfiel. Doch ließen sich die Besucher der Kreuzkirche von den Zimbelsternen der Orgel noch deutlich froher (und lauter) stimmen.
Der positive, helle Grundton blieb der Vesper auch mit dem letzten Stück, Georg Friedrich Händels Psalmkantate »O sing unto the Lord a new song« erhalten. Zu den Sopranistinnen, die zuvor jeweils solistisch gewirkt hatten, kam nun noch die Altstimme von Elisabeth Holmer, die ebenso über helle Farben und ein lichtes Timbre verfügt.
Das Barockorchester war den Sängerinnen nicht nur eine Stütze und grundlegender Baß, sondern konnte mit charakteristischen, nie übermäßigen Akzenten Musik und Verlauf gestalten. Zudem mischten sich vor allem Luise Haugk (Barockoboe) und Adela Drechsel (Barockvioline) immer wieder unter die Singstimmen.
Die Künstler der Vesper gehörten zu jenen, die in den vergangenen Wochen dafür gesorgt hatten, daß der im Programmheft vermerkte Satz, die Kreuzvesper bestehe seit 1371 ununterbrochen, zutreffend blieb, wenn auch vorübergehend nur via Internet und Dresden Fernsehen. Für dieses Engagement dankte Holger Gehring den Beteiligten und rief alle Anwesenden auf, es weiterzusagen: der Raum der Kreuzkirche ist nun weder geöffnet, Besucher sind willkommen!
Nächste Veranstaltungen: Orgel Punkt Drei (eine viertel Stunde Orgelmusik) jeweils am Dienstag und Donnerstag 15:00 Uhr, nächste Kreuzvesper: 16. Mai, 17:00 Uhr, mit Werken von Felix Mendelssohn, Carl August Krebs und Camillo Schumann, mit Jennifer Riedel (Sopran), Annekathrin Laabs (Alt), Sebastian Reim (Tenor) und Andreas Scheibner (Baß)
10. Mai 2020, Wolfram Quellmalz
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