Allumfassender Beethoven

Peter Bruns schließt Zyklus in der Coswiger Villa Teresa ab

Beethoven im Beethovenjahr zu spielen sei doch nichts neues, könnte man meinen, doch – weit gefehlt! Denn gerade in der Hinwendung zu etwas (vermeintlich) Bekanntem liegt nicht nur ein hoher Reiz, die Konzentration birgt zudem neue Sichtweisen und Erkenntnisse. Das Hören und Erleben von Beethovenzyklen im Konzert oder durch CD-Einspielungen läßt sich daher mit Lust erfahren. Peter Bruns‘ Aufführung sämtlicher Werke Ludwig van Beethovens für Violoncello und Klavier fand in diesem Sinne am Sonntag in der Villa Teresa seinen Abschluß.

»Sämtliche Werke« schließen neben den Sonaten noch andere ein. Insofern gab es an diesem sommerlichen Sonntag noch einen kleinen »Ausflug«, denn neben dem originalen Beethoven gab es einen bearbeiteten zu hören: Carl Czerny, ein Schüler des Meisters, verdiente es durchaus, für mehr als seine gefürchteten Klavier-Étuden wahrgenommen zu werden. Immerhin war er ein anerkannter Pädagoge, verfaßte zahlreiche eigene Werke und hat nicht zuletzt vieles zur Beethoven-Rezeption beigetragen. Dessen »Kreutzer-Sonate« (von der es unter anderem auch eine Quintett-Bearbeitung gibt) richtete Czerny für Violoncello und Klavier ein.

Zunächst hieß es jedoch, den Zyklus der Cellosonaten mit der zweiten abzuschließen. Das Adagio sostenuto ed espressivo begannen Peter Bruns und seine Begleiterin Annegret Kuttner mit fast schicksalsschlagendem Akkord – die kräftigen Farben sollten (wollten) sie an diesem Nachmittag beibehalten. Getragen und mit starken Betonungen mündete die Einleitung in eine merkliche Zäsur – von hier ließen Bruns und Kuttner Beethoven befreit singen. Dennoch blieb der bestimmende Ton gewahrt, die Sonate erfuhr ihre manchmal drängenden Impulse vom Cello. Die unterschiedlichen Rollen der Instrumente, das Gegenüber der Haut- und Nebenthemen führte nicht in ein nach der Richtung suchendes Ringen, sondern hatte stets ein Ziel fokussiert.

So gab es schließlich im Rondeau: Allegro noch eine Steigerung. Annegret Kuttner und Peter Bruns fügten der Beherztheit noch eine gehörige Portion Munterkeit hinzu, sanglich-süffig trat das Cello hervor.

Beethovens Kreutzer-Sonate beginnt mit einem Adagio (unter seinen Violinsonaten ein Solitär). Auf der Violine ist es ein beflügelndes, feierliches, virtuoses Gipfelstück, das nach oben stürmt. Der helle Violinjubel fehlt dem Cello natürlich, auch behielt es mit weiterhin kräftigem Bogenstrich die drängende Intensität, welche schon Opus 5 Nr. 2 geprägt hatte. Nur bekam hier das Werk einen anderen Charakter, denn jenes leicht-beflügelnde kam ihm abhanden. Annegret Kuttner paßte ihr Spiel dem dominierenden Cello an, so daß Beethovens Wucht ein wenig zum Poltern neigte – oder war es schlicht zu viel für die Räume der Villa Teresa?

Trotzdem konnte man diesem stürmenden, elektrisierenden Beethoven etwas abgewinnen. Die Intensität ließ gerade am Beginn die Violoncello-Stimme wie einen Choral erklingen. In den Variationen wiederum, die flink daherkamen, stellte sich erneut eine trübende Schwere ein, nur unterbrochen von einem Ausflug in sanftere Lagen, bevor das enorm auffahrende Presto die Sonate etwas lautstark, wenn auch mit schöner oberer Cellolage abschloß.

Um aus dem »kompletten Beethoven« einen »komplettesten« zu machen, fehlte eigentlich nur noch ein Werk: die Variationen zu Mozarts »Zauberflöte«. Vielfältig in ihren Wandlungen paßten sie als ergötzliche Zugabe in den späten Nachmittag.

6. Oktober 2020, Wolfram Quellmalz

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