Dominik Beykirch (Dirigent) und Robert Lis (Violine) im Aufführungsabend der Sächsischen Staatskapelle
Den Aufführungsabend am Montag in der Semperoper wird so schnell niemand vergessen. Einerseits wegen der beiden Hauptakteure, andererseits wegen des Programms. Dominik Beykirch, seit dieser Spielzeit Chefdirigent in Weimar, stellte zunächst seine Sicht auf Beethoven vor und sorgte für eine äußerst klarsichtige Egmont-Ouvertüre. Dunkel, mit schattigem Nachhall begann das Stück, schien beinahe verzagt, bevor sich eine kämpferische Kraft herausschälte. Wer Egmont schon oft gehört hatte, konnte um so besser vergleichen, mit wieviel Feinheit hier gearbeitet wurde, wie sich Konturen schärften, Nuancen unterschieden wurden, wie im Tremolo der zweiten Violinen die Spannung entstand. Die triumphale Steigerung ergab sich schlicht folgerichtig.
Auch das zweite Stück, Alexander Arutiunians Konzert für Violine und Streichorchester, begann dunkel und verhangen, ja tragisch. Mit Grund: Auslöser des Konzerts, nichts weniger als eine Trauermusik, war ein Erdbeben in Spitak. Der Solist beginnt sogar in Violalage, kehrt später zurück, doch sind ihm lichte Ausflüge gestattet (wie auch das Werk an sich nicht programmatisch ist).
Robert Lis, Zweiter Konzertmeister des Orchesters, spielte den Klagegesang mit lyrischer Emphase, wirbelte aber dann virtuos in obere Sphären. Die Verbindung von Stimmung, volkstümlicher Musik und liedhaften Elementen war so verblüffend wie begeisternd – das Konzert ist eine Repertoirebereicherung! Mit ausgeprägten Kadenzen oder kadenzähnlichen Passagen (manche mit Pizzicato des Orchesters noch verstärkt) und einer exzellenten Spielweise sorgte es für nachhaltigen Eindruck und einen Höhepunkt des Abends. Beeindruckend, wie im zweiten Satz ein Gefühl von Weite entstand, die nicht massig wirkte.
Ganz anders als in Peter Tschaikowskys Suite Nr. 1, deren Weite durchaus breit und massig geraten darf. Dabei erweist sich der Komponist, damals mit der Orchestersuite und der Oper befaßt, einmal mehr dezidiert als Ballettmeister. Denn anders als in vielen Suiten sind manche seiner Sätze nicht nur nach klassischen Kunsttänzen benannt oder ihnen entlehnt, sie rufen geradezu nach einer szenischen Umsetzung auf der Ballettbühne.
Dominik Beykirch ließ die Suite vorderhand rhythmisch wirken, vom kraftvollen Beginn bis zum mitreißenden Finale der Gavotte, dem vielleicht bekanntesten Satz aus dem Werk. Zwischendrin zeigte er, daß auch Tschaikowsky ganz leicht sein kann – Marche miniature. Moderato con moto erinnerte teilweise gar an die federnde Musik eines Leo Delibes. Dabei vergaß der Dirigent nicht, die solistischen Details auszuarbeiten – Horn und vor allem Fagott leuchteten bemerkenswert durchs Orchester und sorgten für (wiederum fast szenische) Akzente. Daß Bläser und Streicher nicht immer ganz deckungsgleich schienen, dürfte nicht unwesentlich an den Plexiglaswänden, die als Hygieneschutz für Trennung sorgten, gelegen haben. Nachdem Dominik Beykirch und Robert Lis ihre Visitenkarten auf diese Weise abgegeben haben, darf man auf eine Fortsetzung gespannt sein!
6. Juli 2021, Wolfram Quellmalz