Nachgetragen: Dresdner Richard-Wagner-Verband läßt Stipendiaten hochleben

Nach dem Konzert im November kann Uraufführungsvideo nachgesehen werden

Am 13. November schon fand das »Konzert junger Künstler« statt. Wie so oft kamen die Mitglieder des Richard-Wagner-Verbandes Dresden e. V. im Festsaal des Jagdschlosses Graupa (Richard-Wagner-Stätten Graupa) zusammen. Auf dem Programm standen trotz aller Unwägbarkeiten und Schwierigkeiten sage und schreibe Beiträge von fünf Stipendiatinnen und Stipendiaten: Elena Patsalidou (Sopran) sang, begleitet von Dionysios Pantis (Klavier), acht Lieder von Jean Coulthard, Franz Schubert, Manos Hadjidakis und Georgios Kasassoglou, Bariton Nikolaus Nitzsche schloß den ersten Teil des Programms mit Arien aus drei Opern (Korngold »Die tote Stadt«, Puccini »Edgar« und Wagner »Lied an den Abendstern) ab. Richard Wagner allein war der zweite Konzertteil gewidmet, der aus den fünf Wesendonck-Liedern, vorgetragen von Aleksandra Chebotar (Mezzosopran), Begleitung: Tim Fluch, bestand.

Uraufführung von »Fünf Farben der Trauer« in Graupa, Photo: Peter Knauth

Den Nachmittag eröffnet hatte jedoch Anna Skladannaya, die in Erinnerung an ihre verstorbene Mutter Tatiana Skladannaya ein eigenes Stück, »Fünf Farben der Trauer: Schwarz, Rot, Grau, Blau und Weiß«, uraufführte. Die Cellistin hat an der Dresdner Musikhochschule studiert und bereits mehrere Stellen als Orchesterakademistin gewonnen. Aktuell ist sie in solcher Position bei der Staatsphilharmonie Nürnberg engagiert, darüber hinaus setzt sie ihr Studium jedoch fort, und zwar am Mozarteum Salzburg, wo sie unter anderem das Fach Komposition belegt hat. Sie meint es also ernst!

Die Neuen (musikalischen) Blätter konnten das Stipendiatenkonzert leider nicht besuchen, waren jedoch bei einer Probe / Voraufführung dabei und kennen das neue Stück aus einem Video, das freiverfügbar ist (Pfad unten).

Das Werk, ein Stück für sinfonisches Violoncello und Stimme, ist ein außerordentlich emotionales, wie der Mitschnitt beweist. Die Komponistin hat hier ganz klar kein kammermusikalisches oder Solostück im Sinn gehabt, sondern ein breites Ausdrucksspektrum angestrebt, das die Klangmöglichkeiten des Instruments enorm ausforscht, ohne jedoch ins extreme zu gehen. Klopfen auf den Korpus oder kratzen auf den Zargen gibt es also ebensowenig wie elektronische Verfremdungen.

Vielmehr spielt Anna Skladannaya schon zu Beginn mit den Schallöchern, die sie öffnet und verdeckt. Mit rhythmischen (Im)pulsen und der Weite des Tons, den sie wachsen oder schwinden läßt, scheint sie ihr Instrument eher wie einen Organismus zu behandeln, der auf sie reagiert. Dies erklärt unter anderem die hohe Emotionalität. Dieser Organismus steht aber nicht nur mit der Spielerin im Austausch, sondern mit der Umwelt. So werden perkussive Effekte erzeugt, indem die Vibrationen durch mechanischen Kontakt der Saiten auf einen kleinen Anhänger (Ohrring) übertragen werden. Hinzu kommen klassische Effekte wie Flageolett, das Anna Skladannaya versiert einsetzt.

Das Stück teilt sich mit, öffnet sich dem Zuhörer, auch deshalb, weil die Spielerin ihre Stimme einsetzt. Hier ist es wohlgemerkt nicht zwingend notwendig – sagt die Komponistin – die Worte zu verstehen. Sie werden auf deutsch, englisch und russisch gesprochen und gesungen, es gibt aber auch Vocalisen, die für Harmonien oder Kontraste mit dem Celloton sorgen.

Die fünf Teile bzw. Farben sind durch Pausen oder beruhigte Abschnitte getrennt, manche gehen ineinander über. Der melodische Fluß wird dabei nicht unterbrochen, in besonders emotionalen Passagen jedoch durch Tonsprünge und Skalen angeregt – ein komplexes Werk! Es wäre (wird) interessant, es einmal mit einem anderen Cellisten zu erleben, der ihm seine Auffassung mitgeben muß. Anna Skladannaya wirkte im Konzert sehr konzentriert. Die Aufführung war, wenn auch nicht wie eine Theaterszene, so doch »insgesamt komponiert«, also bis hin zum Kleid der Spielerin. Diese ganzheitliche Auffassung ist fast schon typisch für die Stipendiatin, wenn man das so früh schon festlegen wollte. Auf jeden Fall lohnt ein Besuch des YouTube-Videos, wir sind gespannt auf die nächsten Schritte von Anna!

November / Dezember 2021, Wolfram Quellmalz

Zum Video gelangen Sie hier: http://www.youtube.com/watch?v=iBH95O1WYfo

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