»Alte Musik in Leubnitz« am Wochenende gestartet
Die Kirche gehört zu den ältesten Dresdens und ist in ihrer Lage auf der Leubnitzer Höhe ebenso einmalig wie in ihrer Bauform. Wegen ihrer reichen Ausmalung (unter anderem Biblischen Szenen) wird sie gerne als »Bilderkirche« bezeichnet. In Ihrer Pracht ist sie nun wieder zu erleben, zumindest teilweise, denn immerhin darf man das Gotteshaus nach Monaten der Sanierung wieder betreten. Noch verdecken allerdings die letzten Gerüste für kosmetische Arbeiten den freien Blick. Altar, Emporen und manches Detail kann man aber auch so bewundern.

Gelegenheit dazu gibt es noch bis zum 18. September, denn aus der »Woche« Alter Musik wurden schon vor einigen Jahren »Tage«, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Diese Woche noch kommt das Ensemble rosenroth (Donnerstag, 19:30), später Zierwerk Barock (11. September), den Abschluß wird der Dresdner Motettenchor mit Matthias Jung gestalten. Zuvor läßt Sebastian Knebel einen Hammerflügel erklingen (16. September). Nur die Jehmlich-Orgel von 1905 muß derzeit schweigen und kann sich nicht beteiligen – sie ist wegen der Sanierungsarbeiten eingehaust.
Ganz verzichten auf Orgelklänge muß die Reihe aber nicht, sie startete am vergangenen Sonnabend mit einer Orgelfahrt nach Augustusburg. Tags darauf hieß es »Viola con amore« – Anne Schumann (Viola d’amore), Klaus Voigt (Viola d’amore und Viola da spalla) und Sebastian Knebel (Cembalo) spielten Werke aus dem Bestand der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden und förderten ein weiteres Mal unbekannte oder kaum gehörte Stücke zutage. Neben Franz Simon Schuchbauer, Christian Pezold, Johann Peter Gutzinger und Wilhelm Ganspeck stand noch ein Komponist auf dem Programm, der zu den fleißigsten zählte: »Anonymus«.
Geklungen hat es toll – die Viole d‘ amore können ebenso zweistimmig wie wechselseitig singen, dazu gesellte sich das Cembalo mit einem »großen« Ton – Sebastian Knebel wußte diesen ebenso in einer stimmungsvollen Begleitung anzubringen wie in arpeggierenden Akkorden auftrumpfen zu lassen (das macht neugierig auf sein Konzert mit Hammerklavier). Die Musik, wiewohl deren sämtliche Sätze mit klassischen Bezeichnungen benannt waren (Sonata, Intrada, Ouverture), meist Tanzsätzen (Bou[r]rée, Gigue, Gavotte), war gleichermaßen (bisher) unerhört und vermutlich für die meisten, wenn nicht alle Anwesenden neu. Zwischendurch erklärte Anne Schumann kurz etwas zu den Instrumenten wie der doppelchörigen Viola d’amore – jede Saite war zweifach da, einmal zum Streichen, einmal – dahinter und für den Bogen nicht zu erreichen – als Resonanzsaite, die mitschwingt und quasi als Verstärker wirkt.
Während man Resonanzsaiten oder deren Effekt vielleicht noch kennt (ab und zu erlebt man, daß Bläser zum selben Zweck in den Kasten des begleitenden Klavieres blasen), schien der Gebrauch der Viola da spalla dann beinahe kurios. Denn historisch hat es nicht immer nur die Spielweisen gegeben, die wir heute von Violinen (seitlich unter dem Kinn) und Violoncelli (vor dem sitzenden Spieler) kennen, sondern andere. Nach und nach werden solche heute wiedererschlossen und probiert, denn die andere Spielweise führt mitunter zu einem anderen Klang. Klaus Voigt trug die Viola da spalla am Band, was fast aussah, als hielte er eine Gitarre, die er freilich mit dem Bogen strich. So konnte das Publikum in Johann Peter Guzingers Suite A-Dur auch einmal dieses Instrument erleben, denn zwar ist das Stück für eine Viola d’amore geschrieben, der Basso continuo ließ jedoch ebenso einmal deren größere Schwester zu.
Natürlich sind die Konzerte wie in den letzten Jahren bei freiem Eintritt zu genießen. Ohne Einnahmen lassen sie sich aber nicht realisieren – Spenden sind also gewünscht. Der geneigte Besucher sollte sich dies verdeutlichen und bekommt zur Orientierung eine Empfehlung auf dem Programm (im vorliegenden Fall 23,- Euro).
5. September 2022, Wolfram Quellmalz
Weitere Programme und Termine unter: http://www.musik-in-leubnitz.de