Kantorei der Versöhnungskirche bringt Bachs Meisterwerk zur Aufführung
Die Vorbereitungen und Proben begannen bereits im April 2020, dann gab es pandemiebedingte Unterbrechungen und Einschränkungen, Einzelproben, Zoomproben … Ein Werk wie Johann Sebastian Bachs Messe in h-Moll studiert man nicht nebenbei ein. Es erfordert Arbeit, Zuwendung, Aufmerksamkeit und nicht zuletzt Kraft – insofern war die Aufführung am Sonntagnachmittag in der Versöhnungskirche Striesen nicht zuletzt das Resultat eines unermüdlichen, beharrlichen Dranbleibens. Für diese Leistung des Vorbereitens, Studierens und Übens gab es nicht nur vorab anerkennende Worte für Kantorin Margret Leidenberger, sondern hinterher viel Applaus und Jubel des Publikums für die gebotene Leistung.

Versöhnungskirche Dresden-Striesen, Bildquelle: Wikimedia commons
Der Chor der Kantorei konnte dabei auf zahlreiche Stimmen vertrauen, professionelle Unterstützung fand Margret Leidenberger bei den Solisten Gretel Wittenburg (Sopran), Cornelia Kieschnik (Alt), Frank Blümel (Tenor) sowie Clemens Heidrich (Baß), außerdem wirkte die Sinfonietta Dresden mit.
Das gewaltige Werk stellt enorme Anforderungen. Bei einer Aufführungsdauer von circa zwei Stunden muß man schlicht durchhalten können, ohne daß am Ende die Kräfte verbraucht sind. Dies gelang allen Beteiligten, Margret Leidenberger nahm mit gemäßigten Tempi entsprechende Rücksicht. Allerdings streckte das die Dauer noch ein wenig mehr, vor allem die Chöre schienen hier und da gedehnt. Mehr Frische brachten jene Passagen, die von Blechbläsern und Pauken unterstützt waren, jedoch steigerte dies den Anspruch (bzw. die Beanspruchung) nicht unwesentlich. Das Resultat jedoch überzeugte nicht nur, sondern nötigte für den Kantoreichor Respekt ab.
Unter den Solisten fielen besonders Cornelia Kieschnik und Clemens Heidrich mit ihren tragenden Stimmen und einer mühelosen, stets melodiösen Gestaltung auf. Gretel Wittenburg und Cornelia Kieschnik hatten gleich im ersten Duett sehr ausgewogen zusammengefunden, nicht weniger gefiel »Et in unum Dominum Jesum Christum« (Und an den einen Herrn Jesus Christus) im Credo. Ganz besonders gelang die von der Oboe begleitete Alt-Arie »Qui sedes ad dextram Patris« (Der du sitzest zur Rechten des Vaters), und Clemens Heidrich sorgte – wobei neben den Solooboen das Fagott aus dem Basso continuo merklich hervortrat – mit »Et spiritum sanctum« (Wir glauben an den Heiligen Geist) für einen wahrhaft beseelten Moment. Frank Blümel, der zu Beginn noch zu forcieren schien, machte sich bis zum Benedictus zunehmend freier, was die Kantabilität betonte. Hier übrigens gefiel auch die Begleitung mit nur einer Soloflöte (statt zweier wie zuvor) wegen der klaren Schlankheit noch mehr.
Die Sinfonietta Dresden unterstützte außer mit Soli und Begleitung die großen Chöre mit Tuttipassagen. Daß es hier und da doch kleine »Wackler« gab, fiel angesichts der enormen Aufgabe wenig ins Gewicht, allerdings hätte der Fluß manchmal ununterbrochener sein dürfen. Während viele Nummern in rascher Folge direkt aneinander anschlossen, sorgte zum Beispiel die kurze, aber merkliche Atempause zwischen Sanctus und Osanna für einen kleinen Abbruch.
Der Chor der Kantorei stand immer wieder im Zentrum und gestaltete nicht nur über weite Strecken, sondern sorgte für punktgenaue Wendungen und Betonungen, etwa zu Beginn des Gloria – hier war die Zäsur vom »Gloria in excelsis Deo« (Ehre sei Gott in der Hohe), das prachtvoll glitzerte, zur innigen Bitte »Et in terra pax« (und Friede auf Erden) wesentlich. So wie in der Schlußsteigerung des »Dona nobis pacem«, welches mit Dringlichkeit verdeutlichte, daß der Frieden nicht nur empfangen werden soll, sondern durch Beteiligung entsteht.
14. November 2022, Wolfram Quellmalz
Mit der Aufführung tritt in Striesen und Blasewitz keine Ruhepause ein. In den nächsten Tagen stehen Kirchenkino, Orgelmusik und nordisches Chorkonzert auf dem Programm.